Drogenaufklärung ist extrem wichtig

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Meinung

Die Diskussion mit Kindern und Jugendlichen über Drogen scheint, genau wie die Sexualerziehung, oft noch ein Tabu und ein großes No-Go zu sein. Ich kann mich an keinen meiner Lehrer erinnern, der uns jemals über Drogen aufgeklärt hätte. Leider machten meine Eltern es auch nicht zum Thema – wie es sicher bei vielen Jugendlichen, zumindest in meiner Heimat Rumänien, der Fall ist. Da die Schule mir das Wissen über dieses Thema also verwehrte und meine Eltern keine Informationen darüber verfügten, wurde ich mit meinen Fragen, die noch an mir nagten, alleine gelassen.

Ich hatte einige Freunde, die Drogen konsumierten. Somit fragte ich diese ein wenig aus. Doch in Wahrheit kümmerte man sich um das Thema Drogen und Aufklärung in Rumänien noch vor zehn Jahren wenig. Dann zog ich nach England. Ich weiß nicht, ob Drogen dort im Vergleich zu Rumänien ein gröberes Problem darstellen, doch zumindest wird man mit dem Drogenmissbrauch in der Gesellschaft in England definitiv sichtbarer konfrontiert. Der Drogenkonsum ist dort weniger tabuisiert und Informationen darüber sind besser zugänglich.

Auffällig war, dass trotz der vielen Informationen über Drogen diese nicht immer den Weg zur gemeinen Bevölkerung oder zu den Bedürftigen fanden.

Das brachte mich dazu, über die Situation in Rumänien zu reflektieren und darüber, wie sehr mir die Drogenaufklärung in meinem Heimatland fehlte. Nach Hause zurückgekehrt, schloss ich mich einer NGO an mit dem Ziel, Drogenaufklärung in das Schulsystem zu integrieren.

An dieser Stelle möchte ich meine Gründe für den Beitritt zu dieser NGO darlegen und erläutern, warum ich Drogenaufklärung für extrem wichtig halte:

Missverständnisse abbauen

Wie jedes sehr kontroversielle Thema herrschen bei Drogen und Drogenkonsum eine Reihe von Missverständnissen sowohl für als auch gegen die Drogenkultur. Ein Beispiel wäre:

  • Nur „harte Drogen“ sind gefährlich (mit der Versicherung, dass der Konsum von weichen Drogen förderlich für harte Drogen sei). DAS IST NICHT WAHR! Es stimmt zwar, dass einige Drogen schlimmere physische, psychische und/oder soziale Schäden verursachen als andere, aber „weiche Drogen“ haben ihre eigenen Risiken. Weiters haben das „Set“ (= interne Variablen, die Einstellung beim Konsum) und das „Setting“ (= externe Variablen wie z.B. das soziale Umfeld; eine Variable, die sich ständig verändert) einen großen Einfluss auf den Konsum und können die Nutzung „weichen Drogen“ leicht schiefgehen lassen.
  • Alle Menschen, die Drogen nehmen, sind Süchtige, und alle Süchtigen sind unmoralischer Abschaum. DAS IST NICHT WAHR! Es stimmt zwar, dass man bei Drogenkonsum mit höherer Wahrscheinlichkeit auch in die Sucht schlittert – besonders bei gewissen Drogensorten. Aber nicht alle Menschen, die sich für den Konsum entscheiden, werden automatisch süchtig. Und ist jemand süchtig, bedeutet das nicht, dass er/sie alle Moralvorstellungen verliert. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Sucht und unmoralischem Verhalten, der aber nicht unbedingt kausal verläuft. Ich glaube, dass sowohl die Gesellschaft als auch die Süchtigen selbst davon profitieren könnten, wenn sich dieser Mythos auflösen würde.

Eine fundierte Entscheidung treffen

Obwohl ich in einer Cyber-Ära lebe, in der man glaubt, sich alle Informationen per Mausklick verschaffen zu können, bin ich fest überzeugt davon, dass die durchschnittliche Bevölkerung über Fragen der öffentlichen und psychischen Gesundheit (und nicht nur darüber) extrem schlecht informiert ist. Es tut weh, zu erfahren, dass so viele Menschen keinen Zugang zu präzisen, neutralen Informationen über Drogen haben. Noch schrecklicher ist, wie viele Menschen in den letzten Jahren mit mir sprachen und danach ihr Bedauern ausdrückten: „Wenn ich das nur gewusst hätte.“

Wenn sie also mehr über die Auswirkungen, die Folgen und die Tatsache gewusst hätten, dass es sich dabei nämlich um Mythen gehandelt hatte … Mythen … dann hätten sie sich vielleicht anders entschieden.

Also wie können wir vernünftige Entscheidungen treffen, wenn wir nicht ausreichend Informationen besitzen, um das Für und Wider unseres Handelns gerecht abwägen zu können? Wie können wir denn nur behaupten, dass Drogenkonsumenten sich ja für den freien Konsum entscheiden würden (mit Ausnahme jener Fälle, bei denen Menschen gewaltsam betäubt wurden oder bei denen die Sucht bereits fortgeschritten ist), wenn ihre Wahl doch aus Mangel an Informationen derart begrenzt war? Wie kann man von einer Ausübung des freien Willens sprechen?

Das Erkennen von Drogenkonsum und seinen Anzeichen

Ein weiterer häufiger Mythos in Verbindung mit Sucht ist, dass eine Person, die mit Drogenproblemen zu kämpfen hat, leicht erkennbar sei. DAS IST NICHT WAHR! Ein Süchtiger wird in der Regel sein Bestes tun, um seine Sucht vor Familie, Freunden und Gesellschaft zu verbergen. Viele können das übrigens sehr gut. Übrigens gibt es den sogenannten „funktionierenden Süchtigen“: Dieser ist in der Lage, zur Arbeit zu gehen, seine Hausarbeit zu erledigen und vielleicht sogar „glückliche“ Beziehungen zu den Menschen um ihn herum zu pflegen. Bei diesem ist es also noch schwieriger, die Sucht zu erkennen.

Wird über Drogen aufgeklärt, so erhöhen sich die Chancen für Süchtige, ihr Verhalten, das auf Sucht hindeuten könnte, zu erkennen. Eltern, Kinder oder Freunde von Süchtigen erfahren erst dann Unterstützung, wenn sie beraten werden, wie man mit den Süchtigen sprechen und was man im Gespräch vermeiden sollte. Oder es lernen die Angehörigen, den Süchtigen ganz einfach nur das Gefühl zu vermitteln, dass man sie schätzt – in Liebe, mit Akzeptanz, ohne sie dabei zu bemitleiden.

Wissen, wo man Hilfe suchen kann

Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern gibt es in Rumänien weder kostenlose Rehabilitationskliniken noch Kliniken für minderjährige Drogenabhängige. Das bedeutet für die vielen Drogenkonsumenten, nicht allzu viele Chancen zu haben, die Sucht zu bewältigen. Genau aus diesem Grunde bin ich fest davon überzeugt, dass Drogenaufklärung relevant ist.

Es ist wichtig, den Menschen zu vermitteln, dass es einige Alternativen gibt, die helfen können – wie z.B. eine NGO. Dort wird zwar keine ganzheitlichen Behandlung wie in einer Rehabilitationsklinik geboten, aber ein bisschen ist immer noch besser als nichts.

Bitte informiere dich und bleib‘ kritisch!

Übersetzung Englisch-Deutsch: Anna Dichen

Credits

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10517914985_987d014e80_o- 10517914985_987d014e80_o- Patrik Theander CC BY-SA 2.0