Meinungsforschung in Corona-Zeiten – Sylvia Kritzinger

Gesellschaft

Das Spezialgebiet von Univ. Prof. Mag. Dr. Sylvia Kritzinger, Professorin am Institut für Staatswissenschaft, ist die Analyse der öffentlichen Meinung: warum wählen Menschen welche Parteien, wie verändern sich Meinungen etc. Als Mittel werden hauptsächlich repräsentative Umfragen verwendet, die im Anschluss quantitativ ausgewertet werden; wobei es weniger um Prognosen geht, als um die nachträgliche Analyse zB eines Wahlsonntags. Gut ausgearbeitete Fragebögen sind hierfür essentiell, ebenso die Größe der Stichprobe und die Auswahl der Zielgruppe. Die Auswahl, welche Personen innerhalb der Zielgruppe dann tatsächlich befragt werden, sollte zufällig passieren. Oder man führt Quotenstichproben durch, bei denen man auf online access panels zurückgreift, bei denen sich Personen freiwillig registriert haben, um bei Befragungen mitzumachen.

Mit Beginn der Corona-Krise wurde das Austrian Corona Panel Project gestartet, um die Stimmung und die Verhaltensweisen der Österreicher zu erfassen und zu erkennen, ab wann ein tipping point erreicht sein könnte.

Ein Problem der Meinungsforschung ist die Einbindung von gesellschaftlichen Randgruppen; hierfür gibt es diverse methodische Annäherungsversuche, deren Umsetzung meist aufwendig ist.

Die Feldarbeit, also die Befragungen an sich, wird von Markt- und Meinungsforschungsinstituten durchgeführt. Nachdem die Befragung abgeschlossen ist kommt es zur Auswertung; hierbei werden bestimmte Plausibilitätskontrollen durchgeführt, um zb zu erkennen, ob der Befragte die Frage richtig verstanden hat oder bei seinen Angaben unehrlich war. Nach der Bereinigung des Datensatzes folgt die Analyse, die je nach Befragungsart und -ziel höchst unterschiedlich ausfallen kann, wie Dr. Kritzinger an mehreren Beispielen beschreibt.

Die Politikwissenschafterin spricht sich sehr dafür aus, dass Umfragedaten von der Wissenschaft genutzt werden und nie in irgendwelchen Schubladen verschwinden sollen.

Der zunehmende Zweifel an der Wissenschaft, den man vor allem in sozialen Medien feststellen kann, ist für Kritzinger kein neues Phänomen: er wird durch die Echokammer aber wesentlich verstärkt. Auch dass jeder plötzlich ein Experte ist, ist gerade in ihrem Forschungsbereich Wahlen keine Neuheit.

Im weiteren Verlauf des Gespräches erzählt Kritzinger über das bereits erwähnte Corona Panel Project und die damit gemachten Erfahrungen und Forschungsergebnisse; über den zunehmenden Hang zum Autoritären, der weltweit in Umfragen festzustellen ist, der möglicherweise durch Corona verstärkt wird; über die gesellschaftliche Relevanz der Meinungsforschung, auch in historischen Dimensionen; und über Italien (Kritzinger ist gebürtige Südtirolerin) in der Coronakrise und die oftmals strapazierte europäische Solidarität.

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Kritzinger Wolfgang Müller CC BY SA 4.0
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