Neues Energiebewusstsein – Auf zu neuen Ufern

Windkraftanlagen
Gesellschaft

In diesem Teil der Reihe möchte ich mich mit alternativen Möglichkeiten der Energiegewinnung befassen. Die Lage ist dramatisch. Die Zerstörung unserer Umwelt und das Eingreifen des Menschen in natürliche Vorgänge sind derart massiv, dass darüber diskutiert wird, unser Zeitalter als das „Anthropozän“ zu bezeichnen.

Nie zuvor waren die globalen Umwälzungen – von Naturkatastrophen abgesehen – derart tiefgreifend: Artensterben, Klimaerwärmung, Rodung, Abschmelzen der Eiskappen, Dürren und Verschmutzung, um nur einige wenige Bereiche zu nennen, fordern von uns ein radikales Umdenken.

Was die Energiegewinnung betrifft, gibt es durchaus Alternativen

Schauen wir uns heute ein paar Technologien an, die das Potential haben, unseren Einfluss auf unseren Heimatplaneten zu minimieren.

Bei regenerativen Energieträgern denken wir automatisch an Windkraft, Photovoltaik, Solarthermie, Wasserkraft und Biomasse. Diese Technologien sind ausgereift und werden teils schon großflächig und mit Erfolg eingesetzt. Vor allem die Photovoltaik hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht.

Moderne Solarzellen haben mittlerweile Wirkungsgrade von etwa 22% erreicht. Laut Prognosen könnte die 25% Marke in den nächsten zwei bis drei Jahren überschritten werden. Solarenergie wird übrigens auch immer kostengünstiger, und somit rentabler.

Bis zum Jahre 2025 soll die Technik so weit sein, dass Solarenergie billiger als die Energiegewinnung aus Kohle sein wird. Neue Fertigungsmethoden ermöglichen ultradünne und flexible Solarzellen, die als Folie z.B. auf Dachziegel nahezu unsichtbar aufgetragen werden können. Transparente Solarfolien können in Zukunft Fenster und ganze Fassaden für die Energiegewinnung nutzbar machen.

Ganze Glashäuser bzw verglaste Hochhäuser könnten somit zu solaren Kraftwerken umgebaut werden. Der CEO von Tesla, Elon Musk, hat kürzlich fertige Solardachziegel vorgestellt, womit praktisch das gesamte Dach eines Hauses Energie gewinnen kann. Hier ist natürlich auch die Preisfrage zu stellen.

Die gute Nachricht: Solarenergie wird von Jahr zu Jahr billiger. Etwa alle 10 Jahre halbiert sich der „Preis pro Watt“. Die Solarthermie wird ebenfalls bereits massiv ausgebaut. Vor allem die Kollektortechnik ist nur in Gegenden sinnvoll, wo die Sonne selten durch Wolken verdeckt wird, wie z.B. in Wüstenregionen. In der Wüste von Nevada ist das derzeit größte Solarthermie-Kraftwerk in Planung.

Über 2.000 Megawatt Leistung soll es produzieren können, was der Energiegewinnung des Hoover Dam entsprechen würde. Zum Vergleich: Ein Megawatt reicht aus, um – sehr grob geschätzt – 500 bis 1.000 Haushalte mit Strom zu versorgen.

Geothermie – Die Energie aus dem Inneren

Nicht nur die Sonne kann uns mit praktisch unendlich viel Energie versorgen, auch das Innere der Erde steckt voller Potential. Geothermale Kraftwerke nutzen die Wärme in den tieferen Erdschichten, um entweder Heizenergie oder Strom zur Verfügung zu stellen. Kraftwerke dieser Bauart können als Grundlastkraftwerk eingesetzt werden. Auch die Synthetisierung von Kraftstoffen wäre mit dieser Energiegewinnungsmethode ein Leichtes.

Das Potenzial für Geothermie ist, global gesehen, in der Tat praktisch unendlich.

Vorreiter bei geothermaler Energie ist, wenig überraschend, Island. Mit knapp 700 Megawatt hat das Land das größte Pro-Kopf-Verhältnis. Die USA „ernten“ 3.000 Megawatt, die Philippinen 1,900 und Indonesien 1.200 dieser umweltfreundlichen Energie. Auch in Österreich könnte Geothermie in der Zukunft eine größere Rolle spielen. Das Potenzial wäre vorhanden.

Gezeitenkraftwerke – ein Energiemeer

Das sogenannte Gezeitenkraftwerk macht sich die wechselnden Meeresströmungen bei Flut und Ebbe zu Nutze. Im Wasser eingelassene Turbinen können aus den Strömungen elektrische Energie erzeugen. „Sihwa-Ho“ – das derzeit größte Gezeitenkraftwerk der Welt – befindet sich in Südkorea und erzeugt genug Strom, um eine Stadt mit einer halben Million Einwohnern zu versorgen.

Kraftwerke mit über 5000 Megawatt Leistung waren bis vor kurzem bereits in der Planungsphase, wurden jedoch aufgrund ihrer starken Umwelteinflüsse verworfen. Die Zukunft dieser Energiegewinnungsform liegt in dezentralisierten, eher kleineren Anlagen.

Ein Blick in die Zukunft

Wellenkraftwerke

Das Meer hat mehr zu bieten als „nur“ Strömungen. Auch das auf und ab der Wellen ist für die Energiegewinnung geeignet.

Hier kann man gleich mit mehreren, teils wirklich simplen Methoden von dieser Energieform profitieren. An den Küsten angebrachte hydraulische Kräne können durch auf der Wasseroberfläche schwimmende Plattformen in Bewegung gebracht werden, und somit Strom erzeugen. Auch schlangenähnliche, hydraulische Kleinkraftwerke vor den Küsten sind bereits im Einsatz.

Eine weitere Idee ist eine Art Betontrichter, welcher die Wellen dazu benutzt, um die darin enthaltene Luft zu komprimieren, und damit eine Windturbine zu betreiben. Ideen gibt es viele, die Prinzipien sind allesamt simpel, und das Potenzial nicht zu unterschätzen. Praktisch könnten diese Kraftwerke bis zu 15% des weltweiten Strombedarfes decken.

Osmosekraftwerke

Das Osmosekraftwerk kann den unterschiedlichen Salzgehalt von Gewässern als Energiequelle nutzen. Überall, wo Süßwasser mit Salzwasser in Kontakt kommt, wie es bei Flussmündungen ins Meer der Fall ist, könnte diese Technologie sinnvoll eingesetzt werden. Süß- und Salzwasser werden in zwei Kammern durch eine Membran getrennt, welche zwar wasser-, aber nicht salzdurchlässig ist.

Durch den Osmoseeffekt fließt das Süßwasser in das salzhaltigere Wasser und baut somit Druck auf, welcher durch Turbinen wieder in elektrische Energie umgewandelt werden kann. Kraftwerke bis zu 5000 Megawatt wären potentiell machbar.

OTEC Kraftwerke

OTEC  oder Meereswärmekraftwerke machen sich den Temperaturunterschied zwischen den oberen und unteren Schichten unserer Meere zu nutze. Eine Flüssigkeit mit niedrigem Siedepunkt wird durch das wärmere Oberflächenwasser zum Verdampfen gebracht, und mit Hilfe des kalten Wassers aus den tieferen Schichten, wieder in den flüssigen Zustand kondensiert. Der dadurch entstandene Dampfdruck kann zur Energieerzeugung verwendet werden.

Im großen Stil verwirklicht, sind solche Konstruktionen als „Grundlastkraftwerke“ einsetzbar, also Kraftwerke die mit höchster Ausfallsicherheit ständig Strom produzieren könnten, und das mit gigantischem Potenzial. Theoretisch wäre es möglich, den gesamten Energiebedarf der Welt mit solchen Anlagen zu decken. Dieses Prinzip wurde 1881 das erste Mal beschrieben und 1930 als Probeanlage verwirklicht.

Das „billige“ Öl hat dieser Technologie bis heute keine Chance gegeben. Hoffen wir, dass die Zeit dafür nun reif ist.

Wie wir sehen können, mangelt es nicht an Ideen oder deren Umsetzbarkeit. Die Möglichkeiten, die uns unsere Umwelt bietet sind noch lange nicht ausgeschöpft.

Im nächsten Artikel befassen wir uns mit weiteren Möglichkeiten der Energiegewinnung, der Dezentralisierung der Energieproduktion und den Möglichkeiten, unabhängig von diversen „Big Playern“ des Energiebusiness zu werden.

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Windkraftanlagen Windkraftanlagen Dirk Goldhahn CC BY-SA 2.5