Individualbeschwerde Klubgründung: Pilz, Öllinger, Holzinger, Zinggl, Rossmann

Zinggl - Öllinger - Pilz - Holzinger - Rossmann
Meinung

Eigentlich müsste man Frank Stronach, gerade als überzeugter Demokrat, tief dankbar sein. Der alte Mann mit Hang zu Geld und Angeberei hatte im September 2012 aus einer Alterslaune heraus seine Partei „Team Stronach“ ins politische Leben gerufen und so die Absurditäten der parlamentarischen und von Parteien dominierten Demokratie in Österreich bloßgestellt.

Innerhalb kürzester Zeit hatte er genug Abgeordnete gesammelt, die wohl bei der im Jahr 2013 anstehenden Wahl nicht mehr am Stimmzettel gestanden wären oder wenig Chancen für einen erfolgreichen Wiedereinzug gehabt hätten, um mit diesen dann einen neuen Parlamentsklub zu gründen.

Österreich hatte quasi schon eine neue Partei im Nationalrat sitzen, die noch nie zu Wahlen angetreten war. Die Aufregung war groß, das ohnehin schon strapazierte Ansehen der „repräsentativen Demokratie“ noch mehr zerrüttet und ein Sturm der Entrüstung wehte durch die politische Schickeria. Neu war das, was Frank Stronach getan hatte, allerdings nicht. Nur eben war es nicht ganz so im Sinne der politischen Elite wie zum Beispiel im April 2005, als aus der FPÖ heraus das BZÖ entstand und gleich nicht nur im Nationalrat sitzen durfte, sondern auch auf der Regierungsbank ihre Ministerplätze hatte. Dies wurde von Journalisten als auch Politikern wohlmeinend geduldet – immerhin diente es dem Kabinett von Wolfgang Schüssel zum Machterhalt, und das postdemokratische Handeln ließ sich noch irgendwie damit entschuldigen, dass man doch „die Rechten“ schwächen würde.

Ähnlich war es auch 1993 als sich das LIF, das liberale Forum unter Führung von Heide Schmidt von der FPÖ abspaltete.

Neu allerdings war beim Team Stronach, dass er eben auch bei einer anderen Partei als nur dem BZÖ Mandatare aus ihren wenig transparenten Gewässern angeln konnte; und auch wenn es nur ein Abgeordneter war, der die SPÖ verlassen hatte, so war es doch ein Alarmsignal für die sogenannten etablierten Parteien – und so war es wieder mal Zeit für eine zünftige Anlassgesetzgebung. SPÖ, ÖVP, FPÖ und der letzte Rest des BZÖ fanden zusammen, und so wurde im Juli 2013 beschlossen, dass eine Klubgründung nur noch am Anfang der Legislaturperiode möglich ist. Spätestens einen Monat nach der konstituierten Sitzung muss nun der Klub stehen.

Die Kröte fressen muss nun Peter Pilz mit seiner neu gegründeten Bewegung „Liste Peter Pilz“. Peter Pilz hatte sich im Frühjahr von seinem Mutterschiff „die Grünen“ losgelöst und entschloss sich, seine schon länger schlummernde Idee einer eigenen, vom Parteizwang unabhängigen Liste, ins reale Leben umzusetzen. Er bediente sich, wie schon Frank Stronach, an Mandataren, die wenig bis keine Chancen hatten, nach der nächsten Wahl wieder im Nationalrat sitzen zu dürfen, nur eben mit dem Unterschied, dass er es tatsächlich geschafft hatte, Menschen zu finden, denen ein politischer Wille zu einer positiven Gestaltung und Förderung der gesamten Gesellschaft nicht abzusprechen ist. So zum Beispiel Daniela Holzinger-Vogtenhuber, die es mit sozialdemokratischer Politik so ernst nimmt, dass sie sogar innerhalb ihrer Partei, der SPÖ, die sich durchaus auch von dem neoliberalen Zeitgeist hat anstecken lassen, gemieden und aufs Abstellgleis verfrachtet wurde.

Hätte es nun im Juli 2013 nicht diese Anlassgesetzgebung gegeben, dann würde nun auch Peter Pilz mit seiner Liste gleichberechtigt zu den anderen Parteien, die im Parlament vertreten sind, auch im österreichischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen, dem ORF, zu sehen sein. Denn die Geschäftsführung des ORF beruft sich nun genau auf dieses Gesetz, um Peter Pilz und seine Liste aus den politischen Diskussionen, die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt werden, rauszuhalten.

Nachdem man Peter Pilz als streitbaren, aber durchwegs gerechten Politiker kennt, ist es eben nicht groß verwunderlich, dass er nun gegen den ORF und auch gegen das neue Gesetz bezüglich der Klubgründung gerichtlich vorgehen wird. Dabei holt er sich noch Unterstützung von Karl Öllinger aus seiner alten Partei. Gemeinsam wurde eine Klage im Verfassungsgericht als Individualbeschwerde eingebracht.

Für Peter Pilz spricht auch hier, dass er sehr differenziert vorgeht, sich schützend vor die Journalisten und Journalistinnen und andere Angestellte des ORF stellt und explizit die Geschäftsführung kritisiert.

Für den ORF kann diese Angelegenheit noch sehr teuer werden, denn die Liste Peter Pilz hat einen eindeutigen Nachteil gegenüber den anderen Parlamentsparteien – und bei einer folgenden Klage vor einem Zivilgericht wird es um hohe Summen gehen.

Auch wenn hier wieder Gebühren und Steuergelder von den Österreicherinnen und Österreichern versenkt werden, so ist es trotzdem keine Verschwendung – denn es zeigt letztenendes, wie auch in Österreich Demokratie nach dem Maß unserer Einheitsparteien verunstaltet wird:

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Zinggl - Öllinger - Pilz - Holzinger - Rossmann Zinggl – Öllinger – Pilz – Holzinger – Rossmann Idealism Prevails CC BY-SA 4.0
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