Antifa als Herrschaftsideologie – Wilhelm Langthaler

Politik

Der Autor, politische Aktivist und Publizist Wilhelm Langthaler eröffnet das Seminar, indem er die Frage in den Raum stellt, ob die Gruppierung Antifa ein Instrument der Herrschenden sei. Die Antifa, die sich gegen alles stellt, was als faschistisch eingeordnet werden kann, sei durch eine Verdrehung historischer Tatsachen entstanden. Dieses verzerrte Bild werde heute, insbesondere von der deutschen Regierung, für politische Zwecke verwendet. Der Verlust der ursprünglichen Linken führe zu einer proeuropäischen, systemtragenden Linken, die komplett gegen das linke Selbstverständnis gehe.

Die Entstehung der Antifa ist eigentlich das Ergebnis des ursprünglichen Kern der deutschen Bundesrepublik. Denn die wollte die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs unter den Teppich kehren, indem sie Kriegsverbrecher ungestraft ließ, sie sogar in politische Schlüsselpositionen hievte und währenddessen im gleichen Atemzug mit dem Finger auf die Vergehen in der kommunistischen DDR zeigte. Die Antifa sei als Rebellionsvereinigung gegen diese Lüge der 1949 neu gegründeten Bundesrepublik entstanden, so Langthalers These. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich wurde diese Erzählung gelebt und verbreitet – in den einzigen Staaten weltweit, die für die Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen bis zum heutigen Tage durch einen bewusst geschürten Schuldkult geradestehen sollen. Österreich wolle sich aus der Verantwortung ziehen, indem es durch die Neutralität versuche, sich als eigenes Land zu rehabilitieren und sich von Deutschland und seinen Verbrechen abzugrenzen.

Die starke Abgrenzung gegenüber dem Unrechtsstaat Deutsches Reich und seiner nationalsozialistischen Ideologie führte zu einem abgeschwächten Imperialismus Österreichs, dem Selbstverständnis also, in anderen Staaten politischen und wirtschaftlichen Einfluss zu erlangen. Langthaler argumentiert, dass der Vorsatz, überall auf der Welt „neue Hitlers“ bekämpfen zu müssen, weil man einen schon überwunden habe, bis heute jeden imperialistischen, antifaschistischen Krieg in der Gesellschaft rechtfertige. Der Nationalsozialismus werde so „äußerst intelligent“ für eigene Zwecke instrumentalisiert. Dieser um sich greifende Neoliberalismus konnte sich als politische Strömung etablieren, weil er eine Lücke füllte, die durch das Fehlen einer linken Opposition entstanden ist. Das kleinere Übel, als das Langthaler die neoliberale Mitte bezeichnet, konnte sich etablieren und sei von der öffentlichen Meinung gewollt gewesen, weil sie als der einzige Gegenentwurf zum rechten Rand gesehen wurde, dessen Erstarken unbedingt verhindert werden sollte. Der dadurch gesellschaftlich und politisch geprägte Faschismusbegriff wurde für eben solche Agenden geformt und in öffentlichen Diskussionen als Totschlagargument angeführt: Jedes politische Argument, das nicht mit dem extremen Zentrum übereinstimme, sei mittlerweile „ein Nazi“.

Aus dem Publikum wurde Langthaler beigepflichtet, dass das Phänomen der extremen Mitte der Versuch der oberen Mittelschicht sei, den Diskurs an sich zu reißen. Die extreme Mitte setze sich aus einem Großteil der heutigen Intellektuellen zusammen, der Gruppe von Menschen, die während der NS-Zeit schon den Faschismus getarnt statt angeprangert hätten. Diese Intellektuellen hätten aber das Österreichbewusstsein aufgegeben, meint ein Zuhörer. Man habe es gegen ein europäisches Bewusstsein getauscht, das in Wahrheit die Rückkehr zum Deutschnationalismus bedeute, weil die EU sehr stark von Deutschland geprägt sei. Gleichermaßen sei die EU für Deutschland aber auch Mittel zum Zweck, die eigene wiederaufkeimende imperialistische Tendenz zu verstecken.

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