Bulgarien: Land ohne Zukunft – Dr. Peter Bachmaier

Politik

In einem schon etwas zurückliegenden Kitchen Talk durften wir den Osteuropaexperten Prof. Dr. Peter Bachmaier bei uns begrüßen. Seine ersten Kontakte zum Osten hatte er im März 1945, als sein Geburtsort Oberpullendorf von der sowjetischen Armee besetzt wurde und er im Zuge dessen erste Russischkenntnisse erwarb. Während des Studiums der Slawistik verbrachte er auch eine Zeit in Belgrad und Moskau; danach begann er am Osteuropa-Institut zu arbeiten, das ihn auf eine Forschungsreise nach Bulgarien schickte. Das Land, in dem er auch seine erste Frau kennenlernte und dem er nun ein ausführliches Buch widmet, wuchs ihm ans Herz; auch deshalb, weil es so ganz anders funktionierte, wie die Sowjetunion, wie Bachmaier im späteren Verlauf des Gespräches ausführt. Diese Andersartigkeit, die vor allem auch in der Kunstszene und – förderung zu Tage trat, fiel auch den österreichischen Politikern der 60er und 70er Jahre auf, woraus relativ enge Beziehungen zwischen diesen beiden Ländern erwuchsen.

In Bulgarien gab es im Gegensatz zu vielen osteuropäischen Ländern keine Dissidenten, die vom Regime verfolgt wurden. Auch gab es keine Aufstände wie in anderen Staaten. Das christliche Erbe Europas wurde in Bulgarien viel stärker gelebt, als in den Bruderstaaten. Staatschef Todor Schiwkow schaffte es mittels geschickter Diplomatie, den sowjetischen Einfluss in vielen Lebensbereichen zu begrenzen. Selbst der Umbruch 1989 verlief atypisch, wie Bachmaier beschreibt; zu diesem trug auch die Unterdrückung der türkischen Minderheit im Zuge der Bulgarisierung bei. Schiwkow erwartete, dass er über demokratische Wahlen weiter im Amt bestätigt werden würde – was aber nicht passierte. Nach 1989 erfolgte eine Deindustrialisierung Bulgariens in großem Ausmaß; durch Deregulierung und Privatisierung kollabierte auch die bis dahin relativ bunte Kunst- und Kulturszene, bei bei einer Ausstellung 1983 in Wien die österreichischen Künstler begeisterte. Der Kampf gegen die Analphabetisierung nach dem 2. Weltkrieg war zwar erfolgreich, wurde aber auch mit diktatorischen Mitteln durchgesetzt.

Ein Grund für die starke Reduktion der bulgarischen Bevölkerung seit 1989 ist der in ganz Osteuropa feststellbare Brain Drain: ganze Institute stehen nun leer, weil die Lehrenden ins Ausland gegangen sind. Bei einem Durchschnittseinkommen von 300-400 Euro wenig überraschend. Für die Zukunft sieht Bachmaier keine Besserung: die EU hilft zwar infrastrukturell, aber darüber hinaus ist das Land auf sich allein gestellt.

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Dr. Peter Bachmaier Wolfgang Müller CC BY SA 4.0