Covid-19 – Ein großer Umbruch?

Gesellschaft

Veranstaltungsdaten

Datum
17. 3. 2023
Veranstalter
Initiative Demokratie und Grundrechte
Ort
Martinsschlössl
Veranstaltungsart
Podiumsdiskussion

Das diesjährige Symposium der Initiative Demokratie und Grundrechte fand Mitte März im Martinsschlössl statt und stand unter dem Motto „Permanenter Ausnahmezustand? – Von der Pandemie in die Energiekrise“. Am ersten Panel nahmen die Historikerin Univ. Prof. Dr. Andrea Komlosy, die Frauenrechtsaktivistin Dr. Tove Soiland, die Lebensberaterin Mag. Claudia Behrens und der Wissenschaftsforscher Jan David Zimmermann teil.

Nach einer kurzen Eröffnungsrede des Verlegers und Mitbegründers der Initiative, Dr. Hannes Hofbauer, begrüßt Moderatorin Judith Leitner das Publikum und die Panel-Teilnehmer und zählt die vielen großen Veränderungen/Umbrüche seit Beginn der Corona-Pandemie auf.

Laut Andrea Komlosy befinden wir uns seit den 1950erjahren im Übergang vom industriellen zum kybernetischen Zeitalter: die digitale Steuerung von Maschinen und Arbeitsprozessen mittels Rückkoppelungseffekten. Der Mensch wird teilweise ersetzt, teilweise mit den Maschinen synchronisiert. Auf Grund der Möglichkeit, das Verhalten jedes einzelnen Menschen überwachen zu können, werden Produkte künftig immer stärker maßgeschneidert angeboten. Zu den neuen Leitsektoren gehören u.a. die medizinisch-pharmazeutische Branche und die Biotechnologie. Die Corona-Lockdowns mit ihren Überwachungsgeboten haben diesem neuen Zeitalter einen massiven Schub gegeben. Im Folgenden gibt Komlosy einige Beispiele für die gegenwärtige und künftige Datenablieferung. Dass immer mehr Wissenschaftler aus unterschiedlichen Bereichen eine Verdatung des Menschen bzw der Wirtschaft unter dem Denkmantel des New Green Deal befürworten, liegt u.a. daran, dass viele davon meinen, dass wir uns auf Grund des Klimawandels in einer Extremsituation befinden – und diese berechtigt auch zu totalitärem Handeln. Komlosy erkennt darin aber nur einen schönfärberischen Deckmantel, um den in einer Krise befindlichen Kapitalismus zu retten.

Tove Soiland, ebenfalls Historikerin, setzte sich berufsbedingt viele Jahre mit der Situation der Care-Arbeiterinnen auseinander. Viele Betroffene berichteten, dass der gesamte Gesundheitssektor durch die Ökonomisierung an die Wand gefahren wird: man wusste schon vor 2020, dass es längst nicht mehr um die Gesundheit der Bevölkerung ging, sondern um Profitmaximierung. Als das Virus Europa erreichte, sprach plötzlich niemand mehr von dem kaputtgesparten Gesundheitswesen – obwohl schon Jahre davor gewarnt wurde, dass eine größere Grippewelle den Zusammenbruch desselben zur Folge haben könnte. Schockiert habe sie vor allem, dass die Gewerkschaften bei diesem neuen Narrativ – Das Virus ist das Problem, nicht das marode Gesundheitsweisen – mitgespielt haben und die Lockdowns befürworteten, in denen nach ihrer Analyse die Menschen den Preis für die Einsparungen tragen mussten. Relativ schnell fand sie im Verbund mit anderen Frauen vom Feministischen Lookdown heraus, dass die Maßnahmen im Vergleich zur Gefährlichkeit des Virus völlig übertrieben waren. Als sie diese Kritik äußerte, wurde sie mit den üblichen Moralkeulen überzogen: antisemitisch, sozialdarwinistisch usw. Nachdem der Kapitalismus festgestellt hat, dass die Gewinnmaximierung im Care-Bereich äußerst schwierig ist, setzt er laut Soiland nun auf technologische Lösungen, wie Gesundheitsüberwachungsgeräte und ähnliches.

Mit den Umbrüchen in der Sprache während der Pandemie setzt sich Sprachwissenschaftler Jan David Zimmermann auseinander. Es habe sich gezeigt, dass viele, die von anderen mehr Sensibilität in der Auswahl der Worte verlangen, meist selbst sehr untergriffig bei eigenen Statements sind. Während man diese abwertende, totalitäre Sprache früher nur von der extremen Rechten gehört hat, wurde sie nun auch von Journalisten und Politikern verwendet – in Letzterem Fall aber ohne jegliche kritische Beleuchtung. Zimmermann stellte auch eine grundsätzliche Verengung der Sprache fest, um Mehrdeutigkeiten abzubauen. In Summe ist die verwendete Sprache seit 2020 eine Sprache des Krieges, was zum Einen am Einzug des Technokratismus liegt, zum anderen an der Leitmetapher „Krieg gegen das Virus“.

Die Flut an doppelbödigen und widersprüchlichen Informationen hat viele Menschen überfordert, meint die Germanistin Claudia Behrens. Das Buch Tiefenpsychologie und neue Ethik von Erich Neumann wurde in den 40erjahren geschrieben, passt aber perfekt in die heutige Zeit. Darin werden viele Fragen behandelt, die sich die Menschen während und nach der Pandemie gestellt haben. Die Aufspaltung der neuen Ethik zwischen Individuum und Kollektiv fördert das Mitläufertum und öffnet den Menschen für verführerische Angebote, die sie auf Grund des extremistischen Inhalts sonst nie akzeptieren würden. Um sich dagegen zu wappnen ist sogenannte Schattenarbeit, also ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung, notwendig – etwas, dass eine künstliche Intelligenz niemals wird machen können, ist Behrens überzeugt.

Nach den Wortmeldungen vom Podium wurden auch Fragen des Publikums beantwortet.

Credits

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IP – Covid-19 – Ein großer Umbruch-YOUTUBE-IPHP Wolfgang Müller CC BY SA 4.0