Cradle to Cradle® – Expertengespräche 2017

Titelbild-Schally
Gesellschaft

Veranstaltungsdaten

Datum
16. 5. 2017
Veranstalter
Österreichischer Gewerbeverein & EPEA Switzerland
Ort
Haus des Österreichischen Gewerbevereins
Veranstaltungsart
Vortrag, Podiumsdiskussion
Teilnehmer
Dr. Hugo-Maria Schally, Abteilungsleiter, Generaldirektion Umwelt, EU Kommission
MBA Lewis Perkins, Präsident, Cradle to Cradle Products Innovation Instituts
Dr. Monika Griefahn, Vorsitzende, Cradle to Cradle - Wiege zur Wiege e.V.
u.v.m,

Im Haus des Österreichischen Gewerbevereins waren wir von Idealism prevails diesmal zu Gast bei einer sehr spannenden Vortragsreihe zum Thema Kreislaufwirtschaft.

Die Zielsetzungen des von der EU Kommission 2015 verabschiedeten Maßnahmenpakets zur Förderung der Kreislaufwirtschaft (cradle to cradle) stellt Dr. Hugo Maria Schally in seiner Keynote dar: Der Wert von Produkten und Ressourcen soll möglichst lange im Wirtschaftskreislauf erhalten bleiben, es soll möglichst wenig Müll anfallen. Mit den neuen Geschäftsmöglichkeiten soll die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf dem Weltmarkt gestärkt werden, um damit wirtschaftliche, soziale und ökologische Vorteile zu erreichen. Diese Initiative läuft parallel zu den ebenfalls 2015 von der UNO vorgestellten Nachhaltigkeitszielen – beide überschneiden sich zu etwa vierzig bis fünfzig Prozent.

Das Paket sei von Beginn an darauf ausgelegt gewesen, Maßnahmen zu erarbeiten, die auf europäischer – und nicht auf regionaler oder nationaler – Ebene am wirksamsten seien. Weiters müssten sie in der Legislaturperiode von Jean-Claude Juncker umsetzbar sein, und sie müssen auf bereits existierenden Instrumenten und Politiken aufbauen. Zahlreiche Maßnahmen würden bereits existieren und müssten nur für das Ziel Kreislaufwirtschaft adaptiert werden, wie zB die Ökodesign-Richtlinie und die Energiekennzeichnungsrichtlinie.

Auf der Seite des Konsums ist laut Schally der Verbraucher der entscheidende Akteur, der ökologisch und sozial erzeugte Produkte nachfragen müsse, um die Wirtschaft auch von dieser Seite zu nachhaltigem Handeln zu drängen. Um den Verbraucher in die Lage zu versetzen, diese Entscheidungen treffen zu können, benötige er Zugang zu Informationen. Der Wildwuchs an Zertifikaten müsse eingedämmt bzw müssten diese zusammengefasst werden, um dem Kunden wieder einen realistischen Überblick zu ermöglichen.

Im Bereich der Abfallwirtschaft, gehe es nach dem Wunsch der Kommission, sollten bis 2030 etwa 65 Prozent des städtischen Mülls recyclt werden. Das Problem, wie bei so vielen Entscheidung sei, dass der Europäische Rat und das europäische Parlament sehr oft in unterschiedliche Richtungen wollen würden.

Am Finanzmarkt sei genug Geld vorhanden, allerdings nicht für kreislaufwirtschaftstaugliche Produkte. Deshalb wurde zusammen mit der europäischen Investitionsbank die Circular Economy Finance Support Plattform (EFSI) gegründet. Damit soll der Finanzsektor auf nachhaltige Unternehmen aufmerksam gemacht und deren Anteile als bankfähig etabliert werden.

Eines der Kernthemen und gleichzeitig auch das größte Problem für die Kreislaufwirtschaft sei Kunststoff, wie Schally ausführt. Die Kunststoffstrategie der Europäischen Union sei ein erster Ansatz in diese Richtung. Werde im Umgang mit Plastik nichts geändert, dann würden wir 2050 mehr Plastik im Meer als Fische haben.

Der Hauptgrund für die Eröffnung des cradle to cradle Products Innovation Instituts sei laut Präsident Lewis Perkin, einen Qualitätsstandard für Kreislaufwirtschaftsprodukte zu setzen und für die damit ausgezeichneten Produkte und Dienstleistungen eine Nachfrage zu generieren. Weiters stellt er kurz die vier Kernstrategien des Instituts vor. Die Zusammenarbeit mit vielen Wirtschaftsbereichen, aktuell mit der Bekleidungsindustrie, wurde erfolgreich ausgebaut. Wichtig sei, Vertrauen in den Standard zu schaffen und die fünfstufige Überprüfung sowie die regelmäßig folgenden Kontrolle der Unternehmen konsequent durchzuführen. Am Horizon 2020 Projekt der EU Kommission sei man ebenfalls erfolgreich beteiligt.

Laut Monika Griefahn, Vorsitzende des Vereins cradle to cradle – von Wiege zur Wiege, ist es wichtig zu erkennen, dass das Erdenken einer Kreislaufwirtschaft nicht beim Recycling beginnt (bei Handys werden nur etwa 9 % recycelt), sondern dass man schon beim Design der Produkte darauf Wert legen sollte, dass der Großteil der eingesetzten Ressourcen wiederverwertbar ist und so wenig wie möglich Energie ver(sch)wendet wird. Innovative Produkte seien oftmals teurer als bereits auf dem Markt befindliche, wodurch man erstere fördern müsse. Die öffentliche Hand sollte als größter Beschaffer mehr Wert auf Nachhaltigkeit, als auf den Preis legen, um damit die notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen anzustoßen.

Einer der Inhalte der hauseigenen Denkschule des Vereins sei es, dass sich Menschen weg von ihrem (berechtigten) Image als Schädlinge des Planeten hin zu einem Image als Nützlinge entwickeln müssen – dieser Kulturwandel müsse auf allen Ebenen vollzogen werden.

Die abschließende Podiumsrunde stellt sechs Experten vor, die im Bereich Kreislaufwirtschaft bereits erfolgreich unternehmerisch tätig sind.

Videobild-Griefahn

Credits

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Titelbild-Schally Titelbild-Schally Idealism Prevails CC BY-SA 4.0
Videobild-Griefahn Videobild-Griefahn Idealism Prevails CC BY-SA 4.0