Frieren für den Krieg? (Symposium der Initiative „Demokratie und Grundrechte“)

Politik

Der zweite Teil des diesjährigen Symposiums der Initiative Demokratie und Grundrechte beschäftigt sich mit der aktuellen Energiekrise. Veranstalter Hannes Hofbauer stellt auch hier nach einer kurzen Einleitung die Podiumsteilnehmer vor: den Unternehmer und Bürgerrechtsaktivisten Helmut Sauseng, den Publizisten und politische Aktivisten Willi Langthaler, die Journalistin und politische Aktivistin Shirin Ot und den General i.R. Günther Greindl.

Der ehemalige Kommandant zahlreicher UN-Friedenstruppen Günther Greindl hat bei seinen zahlreichen Einsätzen festgestellt, dass Frieden und Sicherheit die wichtigsten Güter sind, die wir haben (können). Gerade in einer zunehmend von Krisen dominierten Welt dürfe man die österreichische Neutralität nicht leichtsinnig verspielen. Spätestens 2013 hat die EU sich dazu entschieden, sich militärisch enger an die NATO zu binden – einer NATO, die sich künftig stärker in der Welt engagieren will, weit über die Ursprungsidee eines Verteidigungsbündnisses hinausgehend. Der Europäischen Union konstatiert Greindl eine ausufernde Realitätsverweigerung: ständig setzt man sich Ziele, die man nicht erreicht bzw erreichen kann. Reformen im Bildungsbereich, Politiker, die wieder langfristig denken und Lerneffekte aus dem hinter uns liegenden institutionellen Versagen wären einige Ansatzpunkte, um aus dieser hausgemachten Krise herauszukommen.

Die zunehmende Verschärfung der Krise des Kapitalismus zeigt sich aktuell in der hohen Inflationsrate, die nur bedingt mit den Sanktionen gegen Russland erklärt werden kann, meint Shirin Ot. Vor allem die drastische Erhöhung der Lebensmittel- und Energiepreise trifft weite Teile der Gesellschaft mit voller Wucht. Der Hauptgrund für die Einführung des New Green Deals der EU ist, dass damit neue Möglichkeiten für Kapitalanlagen geschaffen werden, um dem Kapitalismus aus der Krise zu helfen. Auch die wirtschaftliche Abkoppelung von Russland sowie von China wird mit den letzten Wirtschaftspaketen der EU eingeleitet bzw vollzogen – auch als Vorbereitung für künftige Auseinandersetzungen.

Die Politiker, die wir nach Brüssel schicken, sind nie aus der ersten Reihe des Landes, stellt Helmut Sauseng fest. Ein großes Versäumnis der letzten Jahrzehnte war, dass Europa nie eine ernsthafte Annäherung an Russland und Asien versucht hat, sondern sich weiter nur Richtung USA orientiert hat. Laut Sauseng werden in der Ukraine rein amerikanische Kapitalinteressen verteidigt, denn mittlerweile besitzen amerikanische Konzerne so viele ukrainische Ackerflächen, wie es in ganz Italien gibt. Österreich hätte im Ukraine-Konflikt auf Grund seiner Neutralität vermitteln können; diese Position habe man aber geopfert, um mit einem eigenen Beitritt zur NATO liebäugeln zu können. Scheinbar negiert Europa auch völlig, dass sich Russland und China immer mehr annähern – ebenso wie europäische Medien das Projekt Neue Seidenstraße und den Zusammenschluss der BRICS-Staaten kaum behandelt haben.

Der Westen – inklusive Österreich – führt aktuell einen Wirtschaftskrieg gegen Russland – denn chronologisch muss man schon festhalten, dass zuerst die Sanktionen eingesetzt wurden, bevor Russland den Gashahn zugedreht hat, so Willi Langthaler. Den Hauptgrund für unsere hohen Energiepreise sind die Sanktionen – deshalb ist für ihn entscheidend, dass diese ehebaldigst beendet werden. Die hohe Inflation sieht er einerseits in den rigorosen Covidmaßnahmen und dem dadurch entstandenen Nachfrageproblem, andererseits in den massiven Energiepreissteigerungen auf Grund unserer Sanktionen begründet. Für Langthaler, der auch aus der Umweltbewegung kommt, ist wesentlich, dass wir künftig einen neuen Umgang mit Ressourcen leben, und nicht einzelne davon ideologisch verteufeln oder bejubeln. Eine funktionierende Konversion des Energiesektors kann nur schrittweise und langfristig funktionieren, ist Langthaler überzeugt. Die Lösung ist nicht, immer neue technokratische Ideen umzusetzen, sondern einen gesellschaftlichen Wandel hin zu einem neuen Selbstverständnis des Menschen und seiner Umwelt zu bewirken.

Fragen aus dem Publikum runden diese spannende Veranstaltung ab.

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IP – Frieren für den Krieg-YOUTUBE-IPHP Wolfgang Müller CC BY SA 4.0
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