In Kusma Bazar fühlte ich eine andere Art des Verlangens

Kushma_Parbat
Lebenswelten

Dies ist die Geschichte von Ereignissen, die eine große Bedeutung in meinem Leben hatten. Sie erzählt von fast einem Viertel meines Lebens, wenn wir es von Anfang an betrachten. Es ereignete sich in Kusma Bazar, der Hauptstadt des Parbat-Distrikts in Nepal, und wenn ich heute an diese Dinge zurückdenke, erscheint es mir wie ein Traum, ein ungewöhnlicher Traum, der wahr geworden ist.

Vor vier Jahren hatte ich eine Affäre mit einer Frau, die ich später heiratete. Wir beide arbeiteten an derselben Schule, der Janakalyan Secondary School im Dorf Arthar im Parbat-Distrikt in Nepal. Arthar ist eine der abgelegenen Touristengegenden, von denen aus man das schöne Pokhara-Tal sehen kann. Ich war Naturwissenschaftslehrer und meine Frau Englischlehrerin. Weil wir in derselben Schule arbeiteten und vieles miteinander teilten – Beruf, Gedanken, Gefühle -, begannen wir uns nach und nach zueinander hingezogen zu fühlen. Wir begannen, uns wirklich zu verstehen.

Als die Zeit verging, kamen wir uns immer näher und verliebten uns ineinander. Nach sieben intensiven Monate beschlossen wir, zu heiraten. Ich wollte, dass sie zuvor ihre Eltern von diesem Ereignis informiert, doch sie bestand darauf, dass diese auf keinen Fall dazu bereit wären, die Neuigkeit zu hören. Schließlich heirateten wir also; doch obwohl wir derselben Kaste angehörten, wurde unsere Ehe von der Familie meiner Frau nicht akzeptiert, weil diese wohlhabender war als meine.

Drei Jahre zuvor, im Jahr 2014, hatte ich meinen M.Sc. Master’s Degree gemacht, einen erstklassigen wissenschaftlichen Abschluss. Ich entschied mich, mit meiner Familie nach Kusma Bazar zu gehen, denn mir war dort eine neue Stellung als Dozent am Himalayan White House College, einem der besten Colleges in Kusma Bazar und im gesamten Parbat-Distrikt, angeboten worden. Ein weiterer Grund für den Umzug war, dass die jüngere Schwester meiner Frau ebenfalls dorthin kommen würde, um zu studieren, und sie bei uns wohnen sollte.

Am letzten Tag im Mai hatte uns meine Schwiegermutter in Arthar besucht, weil meine Frau einen kleinen Jungen zur Welt gebracht hatte. Sie wollte ihrer Tochter bei und nach der Geburt zur Seite stehen. Meine Schwiegermutter war das einzige Mitglied der Familie meiner Frau, das ich kannte. Ich war kein sehr glücklicher Schwiegersohn, weil mich diese Familie überhaupt nicht mochte und ich mich dadurch gekränkt fühlte.

Damals sagte ich meiner Schwiegermutter, dass ich nach dem Abschluss meines Masterstudiums die Möglichkeit hätte, nach Kusma Bazar zu gehen, um dort zu unterrichten. Sie erzählte daraufhin, dass ihre jüngste Tochter ebenfalls dabei sei, ihren Sekundärabschluss zu machen, und bat uns, sie bei ihrem Studium zu unterstützen. Natürlich würden wir das tun, antworteten wir. Sie wollte, dass ihre Tochter bei uns in Kusma Bazar lebt, damit wir sie unterstützen konnten und sie ihr Studium an einem guten College beenden konnte.

Am 22. Juni 2014 kamen wir nach Kusma Bazar. Alles war normal, die Dinge liefen gut. Wir hatten eine Wohnung in der Modi Street gefunden, ein Vier-Zimmer-Apartment im zweiten Stock. Dort hatten wir ein Schlafzimmer für meine Frau und mich, eine Küche, ein Zimmer für meine Schwägerin und noch ein weiteres Zimmer, das wir als Gästezimmer nutzen wollten. Innerhalb weniger Tage waren alle Zimmer eingerichtet und dekoriert, bis auf das Zimmer meiner Schwägerin, weil sie noch nicht angekommen war. Wir warteten nur noch auf ihre Ankunft, während ich bereits meine Arbeit als Lehrer im College aufnahm.

Alles lief wirklich gut für mich – die Arbeit am College, die Studenten, die Kollegen dort. Das Leben floss dahin wie ein ruhiger, klarer, unaufhaltsamer Fluss.

Ich glaube, es war am 9. Tag nach meinem Beginn am Himalayan White House College, als ich auf dem Weg nach Hause ein Mädchen auf dem Balkon unserer Wohnung bemerkte. Als ich mich näherte, sah ich, wie außergewöhnlich schön sie war – das perfekte Beispiel einer schönen Frau aus jedem Blickwinkel. „Wer mag sie sein?“ dachte ich. Als sie mich bemerkte, drehte sie sich um und ging hinein. Ich dachte, sie wäre vielleicht eine Freundin meiner Frau, die zu Besuch gekommen war. Sie hatte einen anziehenden Körper, der ohne Weiteres alle Blicke, alle Herzen und alle Seelen für sich einnehmen könnte. Über die Schönheit ihres Gesichts will ich hier nicht sprechen, sonst werdet ihr davon weggeblasen wie ein Fetzen Baumwolle!

Seit ich dieses Mädchen sah, habe ich eine Vielzahl von Gefühlen in meinem Herzen. Ich habe tatsächlich einen Teil meiner Sinne verloren, und ich bin sicher, es war nur durch ihre Anwesenheit. Ich war sehr neugierig, mehr über sie herauszufinden, aber auch ein bisschen ängstlich – denn eine neue Art von Verlangen hatte mein Herz, meinen Verstand und meine Seele ergriffen. Nachdem ich mich umgezogen hatte, ging ich in die Küche, und da war dieses Mädchen. Als sie mich sah, begrüßte sie mich mit einem elektrisierenden Lächeln: „Namastea Bhinaju!

Bald folgt Teil 2: „Als sie mit uns zu leben begann“

Übersetzung Englisch-Deutsch: Martin Krake

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Kushma_Parbat Kushma_Parbat Bishow11 CC BY-SA 3.0