ORF-Korrespondent Mag. Christian Wehrschütz: Die Rolle der Ukraine in der EU

Politik

Veranstaltungsdaten

Datum
11. 10. 2016
Veranstalter
Haus der Europäischen Union
Veranstaltungsart
Podiumsdiskussion
Teilnehmer
Mag. Christian Wehrschütz, ORF-Korrespondent, Balkan-Experte
Benedikt Weingartner, Moderator

Dies ist nun die Fortsetzung der Europa DIALOG-Serie, die, wie immer, von einem sympathisch-entspannten Benedikt Weingartner im Haus der Europäischen Union geführt wurde. Ich war zugegen und lauschte gespannt:

Zu Gast ist am Dienstag, den 11. Oktober 2016, im Haus der Europäischen Union, Mag. Christian Wehrschütz – langjähriger ORF-Korrespondent. Man kennt ihn aus zahlreichen Interviews, Dokumentationen, Reportagen aus den Gebieten um Kiev – dort ist er seit zwei Jahren stationiert – und natürlich aus Belgrad. Wenn man ihn zu seiner Einstellung gegenüber die EU befragt, scheint Wehrschütz schwer enttäuscht zu sein vom europäischen Gebilde, und er sagt:

Europa ist für mich mehr als die EU und ihre Mitglieder, die meine Hoffnungen weitgehend enttäuscht haben.

Dialog

Ihr Zitat: “Europa ist für mich mehr als die EU und ihre Mitglieder, die meine Hoffnungen, weitgehend enttäuschten”. Sehen Sie also die EU als wichtigen Player und vereinendes Bindeglied und sind Sie dennoch enttäuscht, dass dem nicht so ist? Warum diese Enttäuschung?

Der Balkan-Experte entgegnet, sich ein starkes Europa erwartet zu haben: ein USA-ähnliches Europa, nämlich die Vereinigten Staaten von Europa mit gemeinsamer Außenpolitik, Verteidigungspolitik, Streitkräften und einem gemeinsamen wirtschaftlichen Rahmen. Stattdessen würde viel lieber über „Glühbirnen“ diskutiert.

Aber, eines muss klar sein: Ein Verein kann nur so gut sein wie seine Mitglieder. Und hier erfüllen ganz einfach die Mitgliedsstaaten der EU diese Ziele nicht, weil man im sacro egoismo – im heiligen nationalstaatlichen Egoismus – in diesen Kernbereichen nicht bereit ist, Kompetenzen abzugeben bzw. wird Außenpolitik immer noch nationalstaatlich gemacht.

Wehrschütz sieht Europa in der Krise: Man verliert wahrscheinlich Großbritannien. Diese Uneinigkeiten hätten für die Außenpolitik natürlich sehr nachteilige Wirkungen …

Seit Margaret Thatcher ist mir die ‚britische Extrawurst‘ auf die Nerven gegangen.

Und doch sähe er eine “gute Scheidung” besser als “eine schlechte Ehe“. Nur müssten die Verhandlungen dahingehend richtungsweisend geführt werden, andere Staaten nicht zu „Extrawürsten“ zu ermutigen. Damit das Ganze nicht in weitere „Exits“ führe. Klare Positionen eines starken Europas seien nötig – nicht nur vom slowenischen Präsidenten Borut Pahor, sondern auch vermehrt von anderen Staaten. Gerd Bacher (mittlerweile verstorbener ORF-Intendant), habe, so Wehrschütz, einmal gesagt – und das sollte nicht als Beleidigung für unser Land gesehen werden:

Österreich ist ein Fliegenschiss auf der Landkarte,

und könne laut Wehrschütz nur eine Rolle „im Verbund“ spielen. Globale Herausforderungen würden ein Minimum an europäischer Einigung fordern – und diese Botschaft wünscht er sich, viel öfter zu hören.

Erweiterungsperspektiven hinsichtlich Einigung: die Ukraine. – Die Annäherung der Ukraine an die EU löste Konflikte aus. Wie sehen Sie das: Hat es der Ukraine gut getan, sich in Richtung Europa zu bewegen oder war es nachteilig?

Die Bewegung sehe er als richtig, aber der Prozess würde sicherlich 20-30 Jahre lang dauern. Bisher habe ein stetes Hin- und Herschwanken – je nach politischer Führung – zwischen einer Russlandpolitik und einer Annäherung an die EU stattgefunden, und jetzt sei endlich eine Entscheidung getroffen worden, und es bedürfe nun einer Umsetzung. Die Ukraine sei wirtschaftlich betrachtet nun in einem Umorientierungsprozess. Eine Annäherung an Europa würde in wirtschaftlicher Hinsicht einiges für die Ukraine bedeuten: Die Hinwendung zu all den europäischen Standards in der Industrieproduktion in all den Normen, die es gibt. Und es sei schwer, diese Standards in allen Bereichen umzusetzen: in der Landwirtschaft, in den kleinen Molkereien, wenn z.B. das Ursprungszeugnis wichtig werden würde, also woher die Milch schlussendlich komme.

Was ihn sehr störe, sei der Kardinalfehler der EU, der Ukraine – wie einem jeden anderen europäischen Staat – nie eine Beitrittsperspektive gegeben zu haben:

Ich halte es für abstrus, mit der Türkei zu verhandeln – auch wenn mir die historischen Gründe klar sind – aber diese Möglichkeit und Chancen der EU einer Ukraine nicht einzuräumen.

Wie ist das Gefühl der ukrainischen Bevölkerung in Bezug auf Europa? Die Ukraine ist ja geographisch gesehen das größte Land des europäischen Kontinents. Fühlen sich die Ukrainer als Teil eines Europas?

Der Korrespondent lehnt grundsätzlich die Bezeichnung “Europa” für die EU vehement ab und empfindet Europa als „größer“ und führt weiter fort, dass in Serbien und der Ukraine immer noch die Trennung in “Wir” und das “Europa” gängig sei, was die politische Wahrnehmung betrifft. Das Ost-West-Gefälle bestünde immer noch – dies würden besonders Umfragen zeigen, um ein Beispiel einer Umfrage zu nennen: “Halten Sie es wichtig, dass die Ukraine der Europäischen Union beitreten soll?”, sahen die Ergebnisse, in Prozent so aus:

  • West-Ukraine: Ja: 77,4 %
  • Zentral-Ukraine: Ja: knapp 56%
  • Süd-Ukraine (Odessa): Ja: 32%
  • Ost-Ukraine: Ja: 30% Nein: knapp 58% (am höchsten!)
  • im Donbass: Ja: 34% Nein: 53%

Diese Ergebnisse hätten, so Wehrschütz, auch damit zu tun, dass die Wirtschaftsbeziehungen der Schwerindustriebereiche in der Ost- und Süd-Ukraine traditionell auf den russischen Markt ausgerichtet seien. Man habe sich hier sehr viele Modernisierungen erspart, weil man auf dem europäischen Markt kaum konkurrenzfähig gewesen sei. Auch die Verwandtschaftsverhältnisse mit Russland mögen ein Grund dafür sein: Hunderttausende Ukrainer hätten vor der Krise in Russland gearbeitet.

Vor zwei Jahren war das Aussetzen des Assoziierungsabkommens, der alten, früheren Regierung, der Auslöser für den Euromaidan. – Hat sich da in der Zwischenzeit etwas geändert?

Der Sturz von Wiktor Janukowytsch als Präsident sei der initiale Funke für die Aussetzung des Assoziierungsabkommens gewesen. Im Gegensatz zum vorherrschenden Mainstreamjournalismus, in dem Maidan als der “glühende Europäer” gesehen wurde, habe sich das nach der ersten Studentendemonstration sehr rasch zu einer Demonstration gegen das korrupte Regime gegen Wiktor Janukowytsch gerichtet. Dort habe die europäische Perspektive bzw. die EU keine wichtige Rolle mehr für die Menschen gespielt, zumal sie in ihrer Wahrnehmung zu weit weg zu sein schienen. Man wollte Janukowytsch loswerden.

Viele Probleme, die Janukowytsch dazu veranlasst haben, nicht zu unterzeichnen, bestünden übrigens auch heute noch. Er habe, so Wehrschütz, nicht deswegen nicht unterzeichnet, weil er vom “glühenden Europäer”, der er vorher nie war, plötzlich zum “glühenden Putin-Liebhaber” geworden sei:

Der Mann stand 1,5 Jahre vor den nächsten Präsidentenwahlen, konnte keine Gehälter und Löhne mehr zahlen, die EU hat ihm in Absprache mit dem IWF 600 Millionen angeboten – und Putin hat ihm taxfrei 15 Milliarden angeboten.

Das gesamte Regime war also bereits verhasst aufgrund der überbordenden Korruption; in diesem Punkt wurde dann quasi auch noch das Nicht-Unterzeichnen von dem EU-Assoziierungsabkommen seitens Janukowytsch zur Iniatialzündung dafür, dass es zu fatalen Protesten kam: Polizeieinsatz (der durch aus auch provoziert wurde) und eine Polizei, die überreagierte – man wollte den Präsidentenpalast stürmen.

Wehrschütz betont weiters den Alltagskampf innerhalb der Bevölkerung: Ein Arzt verdiene z.B. offiziell 100 Dollar pro Monat. Weiters habe der Chef der Internationalen Migrationsorganisation in Kiev kürzlich ein Interview gegeben: Es gibt 1,5 Millionen Binnen-Vertriebene. Übrigens ein weiterer Beweis, wie Flüchtlingswellen medial gezeigt oder nicht gezeigt werden: Sie scheinen praktisch vergessen, wenn es keine Massenbilder gibt. Nach einer ukrainischen Studie haben 43% der Binnenvertriebenen also kein Gehalt, 18% nur teilweise und viele Menschen müssen mit 1.400 Krim im Monat auskommen – das sind 54 Euro.

Selbst wenn die Schattenwirtschaft, Korruption und “das eigene Gart’l”, das das Überleben sichert, dazurechnet: Der Durchschnitts-Ukrainer leide unter anderen Problemen, als dass ihn die Frage interessierte, ob er in 15 Jahren der EU beitreten können würde oder nicht – oder wie eine EU nach dem Brexit bzw. in zwei Jahren aussehen würde.

Aber es kam Geld von der EU in die Ukraine. Es wurden vor zwei Jahren 11 Mrd. versprochen. Ist das Geld angekommen? Was hat das bewirkt?

Auch wenn Geld ankam: In alle von der EU bereitgestellten Gelder – nicht nur in der Ukraine – würden auch alle Experten mit eingerechnet, die die EU auch dort finanziere. Und: Es gebe teilweise wirklich sehr gute Experten. Weiters sei noch das Old-Boy-Network zu berücksichtigen, durch welches der eine oder andere Politiker einen Job kriegt. – An und für sich komme das Geld also an.

Und die EU leiste von Seminaren über die Reform der Polizei über Ausbildung und Unterstützung von Klein- und Mittelbetrieben auch eine Arbeit vom Mikro- bis zum Makro-Niveau, und doch:

Die EU, auch als Institution, ist einfach ein katastrophaler Selbstvermarkter. Vielleicht kommen wir dann bzgl. Balkan darauf zu sprechen. Das ist der Masse der Bevölkerung natürlich nicht bewusst. Und ein Politiker hat nicht das Interesse, zu sagen: Das Geld kam von der EU, sondern behauptet: ‚Das habe ich gemacht.‘

Die Modernisierung in der Ukraine hingegen könne nur durch eine Unterstützung seitens der EU kommen, so der Ukraine-Experte. Es würde momentan über eine Reform dieses Freihandelsabkommens verhandelt, weil die Ukraine die Quoten, die sie für die landwirtschaftlichen Produkte hat, sehr schnell erfülle. Allein die Tatsache, dass Landwirtschaft heute ein entscheidender Exportfaktor in der Ukraine sei und man damit auch auf Drittmärkten mit der Erfüllung von EU-Standards reüssieren könne, sei laut Wehrschütz auf jeden Fall ein positives Zeichen.

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Das Assoziierungsabkommen ist ja dann vom neuen Präsidenten unterschrieben worden. Aber in der Ukraine, und das hören wir ja fast tagtäglich, herrscht Krieg, nämlich im Ostteil; Sie berichten regelmäßig von dort. Welches Spannungsfeld ist da noch gegeben hinsichtlich der russischen Einwirkung?

Man sollte die Kirche im Dorf lassen: In der Ukraine herrscht nicht Krieg. Sondern vom Krieg betroffen ist, wenn man selbst die Krim dazurechnet, 7 % des ukrainischen Territoriums. – Wenn, als Vergleich, in Bregenz eine Überschwemmung vorherrscht, wird man in Wien davon nichts merken. Die Ukraine ist eben ein derart großes Land.

Das Problem sei, so der Ukraine-Experte, dass nämlich zum einen die, die in Donezk und in Luhansk an der Macht seien, wie auch man sich in Kiev mehr oder minder an einen Status Quo gewöhnt habe. Da müsse man sich fragen, ob es denn den politischen Eliten nicht teurer käme, diesen Status Quo zu ändern? Man habe zwar jetzt drei Pilotprojekte für Truppenentflechtungen, und das funktioniere auch nach einigem Hin und Her, doch die Reintegration dieser Gebiete und die Frage, wer den Wiederaufbau zahlen und welche politische Rolle die Ukraine spielen würde, seien die wirklich großen Hürden.

Zwei Jahre Krieg, betont Wehrschütz, haben diese Bevölkerungsteile auch durch die Medien entfremdet. Umfragen zeigen, dass z.B. im ukrainisch kontrollierten Territorium 54% der Bevölkerung bereits gegen den Sonderstatus und gegen ähnliche Dinge seien.

Das wirklich Tragische an der ganzen Geschichte ist eigentlich das Leiden der Zivilbevölkerung.

26.500 Personen etwa queren tagtäglich die Waffenstillstandslinie an den drei Punkten, an denen dies auch möglich sei. Die Wartezeiten belaufen sich auf 24 Stunden und mehr aufgrund von peniblen Kontrollen – für die Zivilbevölkerung, die queren muss, bedeute dies eine große Belastung.

Wir haben ein Dorf im Grenzgebiet zwischen Donezk und Mariupol (der Hafenstadt), da gehen sieben oder acht Kinder auf die ukrainische Seite in die Schule. Die müssen tagtäglich diese Waffenstillstandslinie queren.

Auch Pensionisten leiden, weil Kiev die Pensionszahlungen an Menschen eingestellt habe, die auf diesem Territorium leben. Da sei keine wirkliche Reintegrationsstrategie zu sehen, vielmehr würden diese Gebiete immer stärker russifiziert. Aufgrund des Handelsembargos seien kaum mehr ukrainische Waren erhältlich, und der Rubel ist die Währung.

Ein tolles Geschäft für die hiesigen Schmuggler und die reiche Oberschicht:

Ich war im teuersten Einkaufszentrum in Donezk, als es wieder offen war. Marken-Handtaschen werden aus Polen und die Schuhe aus der Slowakei geschmuggelt. Das führt sicherlich zu einer Kriminalisierung der Wirtschaft – und das ist auch bedenklich. Abgesehen davon, dass das Territorium zu groß ist, sowas wie Transnistien zu werden.

Wie hat sich die Europäische Union als Friedensvermittler/-bemüher gezeigt? Jetzt gilt ja Minsk II. – Angela Merkel und Francois Hollande haben sich da besonders hervorgetan. In wieweit hat die EU da die Fäden gezogen?

Die Lösung sei vielmehr bilateral gewesen, als dass da eine EU die Fäden hätte ziehen können, entgegnet Wehrschütz. Trotz der Wichtigkeit der EU als Hilfsfaktor, hätten gerade die Verhandlungen in Minsk auf eine bilaterale Lösung hingewiesen: Merkel, Hollande, Putin und Poroschenko. Man habe versucht, diesen Friedensplan, zu dem Wehrschütz auch nach wie vor keine Alternative sehe, auszuarbeiten. Das sei typisch für eine Politik europäischer Mittelmächte und nicht die einer EU. Im Grunde genommen liege die ganze Vermittlungstätigkeit in den Händen der OSZE, wobei das Normandieformat (Deutschland-Frankreich-Russland-Ukraine) ebenfalls eine entscheidende Rolle spielt.

Österreich wird ja die OSZE-Präsidentschaft mit 1. Jänner übernehmen. Diese Beobachtermission ist sehr wichtig.

… Die Amerikaner?

Wenn man auf jemand höre, dann auf die Amerikaner, so Wehrschütz. Diese Einstellung würde jedoch in den nächsten Monaten abnehmen wegen der aufkeimenden Angst der Ukraine hinsichtlich eines möglichen amerikanischen Machtvakuums. Es sei auch kein Geheimnis, dass die Ukraine gegen Trump und pro Clinton ist. Dies liege darin begründet, dass der ehemalige Wahlkampfmanager von Donald Trump auch seine „Connections“ zum Janukowytsch-Regime in der Ukraine gehabt habe.

Ich habe eher das Gefühl, dass da viel zu wenig Einfluss genommen werden kann als es notwendig wäre – weniger in der Außenpolitik sondern vielmehr hinsichtlich Korruptionsbekämpfung und all dieser Dinge, die in der Ukraine vorherrschen. – Andererseits: Wir verlangen vom Balkan bis zur Ukraine und permanent von anderen Staaten Reformen, die in vielen eigenen Ländern nicht umsetzbar sind.

Ein kleiner Seitenhieb: Wir haben eine vielgerühmte Reformpartnerschaft in einem Bundesland, weil es erreicht wurde, den Landtag um sieben Abgeordnete zu verkleinern und einen Landesrat zu streichen. Also gemessen an den Reformforderungen, die man in Serbien und in der Ukraine stelle, ist das wirklich eine vernachlässigbare Reformanstrengung.

Es nähert sich der Winter. In der Ukraine kommt er früher als zu uns. Er wird härter werden. Ist zu befürchten, dass Putin den Gashahn zudreht bzw. Poroschenko dann der Krim den Gashahn zudreht?

Die ganze Energieversorgung, und das ist auch ein Punkt, warum Wehrschütz glaube, dass in letzter Konsequenz die russische Ukraine-Politik ein Fiasko sei, habe sich völlig umgedreht: Die Ukraine kaufe heute ihr Gas über den internationalen Gasmarkt v.a. in Europa, also sei die Abhängigkeit vom russischen Gas drastisch gesunken und ein Wettlauf gegen die Zeit. Europa versuche, immer weniger abhängig zu werden vom Leitungsnetz, also von der „Druschba“, über die Ukraine. Es herrsche der Plan, Nord Stream 2 zu bauen, somit würde die Ukraine mittelfristig ihre geostrategische Bedeutung weiter verlieren. Durch diese Änderung der Einkaufsströme sei die Gasversorgung der Ukraine gesichert.

Russland und die Ukraine befinden sich zudem in einem permanenten Handelskrieg; mit einem praktischen Zusammenbruch des ukrainischen Russlandhandels, der früher ein Drittel aller Wirtschaftsbereiche ausgemacht habe, mittlerweile ist er auf etwa 10 % gesunken.

Aber Poroschenko verkauft seine Schokolade immer noch in Russland. Und die Poroschenkofabriken arbeiten noch immer in Russland ohne Probleme, was vielleicht auch gewisse persönliche Abhängigkeitsverhältnisse bei gewissen außenpolitischen Entscheidungen möglich macht.

Wie ist die Rolle von Wladimir Putin? Hat er durch den ganzen Ukraine-Konflikt seinen Einfluss sozusagen verloren, oder ist er dadurch gestärkt worden?

Wehrschütz habe nichts mit Russland, mit Wladimir Wladimoriwitsch Putin, zu tun; deshalb täte er sich schwer, da aus erster Hand zu berichten. Analytisch betrachtet könne man aber sagen, dass, einerseits, Putin – von den Umfragen her – in Russland zweifellos eine Zeit lang gestärkt worden sei, weil man sich um Spitzenpolitiker schare, wenn sie angegriffen würden; und diesen russischen „Waldheim-Effekt“ spüre man dort sehr deutlich.

Andererseits glaube er, dass die Bilanz der russischen Ukraine-Politik eigentlich eine sehr negative und für Russland langfristig fast katastrophale sei. Warum? – Die ukrainischen Streitkräfte seien am Boden gewesen, und in dieser Aggression habe man plötzlich begonnen, ukrainische Streitkräfte aufzubauen. Das ukranische Nationalbewusstsein sei vor Putin teilweise mehr als unterentwickelt gewesen:

Putin spielt in der Ukraine eine Rolle wie Napoleon in den Befreiungskriegen gegen die Franzosen. Der Erwecker eines ukrainischen Nationalbewusstseins. Putin hat sich 40 Millionen Slawen zum Feind gemacht. Wenn die Ukraine so weitermacht, wird sie von der emotionalen Einstellung her ein zweites Polen werden.

Im zweiten Teil erzählt Mag. Christian Wehrschütz von seinen tiefgründigen Erfahrungen in sämtlichen Regionen des Balkans. Es bleibt tiefen-informativ und hoch interessant. Versprochen.

Bildquelle: Leon Colerus, Europa:DIALOG

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Diskussion (4 Kommentare)

  1. Danke, sehr informativ!

    1. Ich habe zu danken für die Leseaufmerksamkeit! 🙂 Und Herr Wehrschütz wird sich sicherlich auch sehr über Dein Interesse freuen! 🙂

  2. sorry, aber die ukraine ist nicht das grösste land auf dem eurpäischen kontinent. russland ist mit abstand das grösste, gefolgt von frankreich…..

    1. Mir liegt es wirklich fern, jetzt mit Korrekturen oder Besserwisserei zu punkten, aber man kann es auch so sehen (Quelle: Wikipedia): „Die Ukraine ([ʔukʁaˈʔiːnə]/[ʔukʁaˈiːnə], auch [ʔuˈkʁaɪ̯nə]; ukrainisch Україна, [ukrɑˈjinɑ] Ukrajina) ist ein Staat in Osteuropa. Mit einer Fläche von 603.700 Quadratkilometern ist sie der größte Staat, dessen Grenzen vollständig in Europa liegen.“ – Von daher liegt Hr. Mag. Wehrschütz nicht weit weg von der Wahrheit, würde ich meinen. Allerdings scheiden sich da die Geister und das Thema ist strittig. Das ist schon richtig. Danke für Deine präzise Leseaufmerksamkeit! 🙂