Solidarität in der Arbeitswelt – Wirtschaftsmatinee der Waldviertel Akademie

Wirtschaft

Nach einleitenden Worten vom Obmann des Waldviertler Wirtschaftsforums KommR Christof Kastner zum Thema Solidarität wurden drei Impulsvorträge gehalten.

„Doppelte Arbeit für das halbe Geld?“ benannte Sophie Achleitner, BA, MA, vom Momentum Institut Ihren Beitrag. Darin geht sie auf die Frage ein, was volkswirtschaftlich der wichtigste Job ist. Dabei kommen systemerhaltende Berufe wie etwa Putzkräfte oder Pflegepersonal wesentlich besser weg als Banker oder Steuerberater, die der Gesellschaft mehr kosten als sie bringen. Je nützlicher ein Beruf ist desto schlechter wird er entlohnt und desto stärker werden die durchwegs weiblichen Arbeitnehmerinnen belastet ergibt eine britische Studie. Frauen und Mütter leisten zudem auch eine Fülle an unbezahlter Arbeit, oft auch neben der Erwerbsarbeit. Die in der Coronazeit reduzierte Erwerbsarbeit von Frauen hätte diese akkumuliert eine Mrd. Euro gekostet. Insgesamt ließe sich feststellen, dass Frauen in allen arbeits-, einkommens- und vermögensbezogenen Gesellschaftsbereichen benachteiligt seien. Die Hauptgründe für den gender pay gap sind für Achleitner die zu kurzen Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen und die schlechte Bezahlung in systemerhaltenden Berufen, die vor allem von Frauen ausgeübt werden. Abschließend stellt sie noch mögliche Lösungsansätze vor, darunter eine verpflichtende Väterkarenz oder die Einführung einer 30-Stunden-Woche.

Mag. Martin Etlinger, Geschäftsführer der Organisation Menschen & Arbeit, referiert zum Thema „Aktive Arbeitsmarktpolitik als ein Solidaritätsmodell für die Wirtschaft und Gesellschaft“. Der Arbeitsmarkt wird von verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen geprägt, das mache ihn zu einer „Querschnittsmaterie“. Man könne daher nicht einfach in einem Bereich fehlende Arbeitskräfte durch Umschichtungen aus einem anderen Bereich ersetzen. Es brauche Umschulung und Höherqualifizierung. Aktive Arbeitsmarktpolitik ist geprägt von strategischen Antworten auf arbeitsmarktpolitische Entwicklungen, dem Beachten der Bedürfnisse von Zielgruppen und von regionaler Differenzen sowie verschiedenen Branchen. Die Arbeitsmarktstrategie in NÖ sieht drei Handlungsfelder, nämlich Qualifizierung, Kompetenzorientierung und die Integration von benachteiligten Gruppen vor.

Alle Bürger werden unterstützt und Entwicklungen am Arbeitsmarkt begleitet durch Beratung und Betreuungseinrichtungen für Arbeitssuchende, Qualifizierungs- und Ausbildungsprojekte, wie etwa die überbetriebliche Lehrausbildung, Frauenqualifizierungsmaßnahmen, die gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung mit dem Ziel, Arbeitssuchende in die Betrieb regulär und dauerhaft zu integrieren oder die Umschulung in Pflegeberufe. Wichtig ist die Finanzierung durch öffentliche Mittel, dies ist ein Beitrag zur gesellschaftlichen Solidarität. Zudem sei eine Verbesserung des öffentlichen Verkehrsnetzes und ein Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen notwendig.

Steuerberater KommR Ing. Mag. Werner Groiß präsentiert seine Sichtweise auf Solidarität mit dem Fokus auf die regionale Ebene. Die Zusammengehörigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei sehr wesentlich, in der heutigen Zeit sei dieses hohe Gut aber nicht mehr viel wert. In der Coronazeit gab es Kündigungen und Entlassungen, andererseits wurden Arbeitnehmer von den Chefs mittels Kurzarbeit durchgetragen und haben sich danach in einen anderen Job verabschiedet. Auch die Solidarität unter den Arbeitnehmern sei in den Zeiten der Kurzarbeit stark in Mitleidenschaft gezogen worden, es gab auch branchenübergreifend kaum Solidarität. Er ortet ein „Arbeitsplatzproblem“, denn viele Betriebe suchen Mitarbeiter. Dazu müsse man das Schwarz-Weiß-Denken bzgl. Inländern und Ausländern bzw. Jung und Alt ablegen und eine gezielte Zuwanderung fördern und das Modell der Altersteilzeit ausbauen. Weiters sieht er verpflichtendes Einkommens- und Pensionssplitting als Lösungsansätze, ebenso den Ausbau der Kinderbetreuung und Umschichtungen bei der Gehaltspyramide.

Anschließend fand eine von Prof. Dr. Ernst Wurz, dem Ehrenvorsitzenden der Waldviertel Akademie moderierte Podiumsdiskussion statt, bei der auch Publikumsfragen beantwortet wurden.

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