Verschwundenes Waldviertel – Christoph Mayer im Gespräch

Gesellschaft

Unsere Moderatorin Yvonne Gaspar begrüßt heute den Kultur- und Eventmanager Dr. Christoph Mayer in unserer Küche. Der ehemalige Geschäftsführer der Waldviertel Akademie beschreibt zu Beginn die Entstehungsgeschichte von Verschwundenes Waldviertel, ein Buch, welches er gemeinsam mit Reinhard Linke verfaßt hat.

Der Strukturwandel, der sich im Waldviertel, wie auch in vielen anderen Regionen Österreichs, vollzogen hat, hat auf der einen Seite die Abwanderung der Textil- und Glasindustrie verusacht; auf der anderen Seite hat der Wandel in diversen Sparten/Nischen sogar Weltmarktführer aus dem Waldviertel hervorgebracht, zb im Bereich Raumfahrt und Luftfahrt, Autozulieferer und Glasfaserausbau.

Der Fall des eisernen Vorhangs 1989 war wohl das prägendste Ereignis der jüngeren Geschichte für das Waldviertel, das vom Rand ins Zentrum Europas rutschte.

Wenn man sich im Gastronomiesektor die Zahlen der Wirtschaftskammer ansieht, dann hat sich dort seit 40 Jahren wenig geändert, was Kapazitäten und Arbeitsplätze angeht. Probleme gibt es bei der Suche nach Fachpersonal. Für kleinere Gaststätten ist auch die Bürokratie eine große Hürde. Qualität wird sich immer durchsetzen, ist Mayer überzeugt. Dies gilt vor allem auch für die überregional tätigen Handwerker.

Die zahlreichen leerstehenden Häuser sind laut Mayer – neben der offensichtlichen Landflucht, auf deren Gründe er auch näher eingeht – vor allem darauf zurückzuführen, dass Gemeinden meist wenig finanzielle Reserven haben, um die Grundstücke anzukaufen und die Gebäude zu renovieren. Andererseits wollen die Eigentümer ihre Häuser zu den sehr niedrigen Preisen ungern verkauft.

Sein persönlicher Werdegang sollte Mayer nie nach Wien führen; doch schon bei seinen frühen Joberfahrungen mußte er feststellen, dass man es ohne akademischen Titel schwer hat, beruflich weit zu kommen. Also studierte er berufsbegleitend Kulturmanagement und -wissenschaft. Nach 12 spannenden Jahren bei der Waldviertel Akademie – auf die er im Folgenden ausführlich eingeht – zog es ihn dann doch wieder Richtung Großstadt, wo er jetzt auch seinen Lebensmittelpunkt gefunden hat – ohne seine Waldviertler Wurzeln zu vergessen.

Seit Mitte 2020 ist er bei der Kulturregion Niederösterreich tätig. Durch Corona ist es aktuell allerdings schwierig, die Tätigkeit als Kulturvernetzer umzusetzen, da die Gemeinden momentan keine Zeit und auch keine finanziellen Mittel für zusätzliche Projekte aufwenden wollen und können. Im Nebenberuf ist er als selbständiger Moderator buchbar – wie es dazu kam, erklärt er en detail.

Daß auf Grund von Corona gar keine Veranstaltungen mehr durchgeführt werden, kann Mayer nicht bestätigen: alleine im Juli und August fanden in Niederösterreich 2000 Events statt – natürlich kleiner als früher und fast ausschließlich outdoor. Auch die Salzburger Festspiele und die Wiener Festwochen wurden – wenn auch unter anderen Bedinungen wie früher – umgesetzt. Indoor-Veranstaltungen haben dagegen kaum eine Chance, ohne Hilfe finanziell über die Runden zu kommen. Man wird neue Wege finden müssen (zeitlich begrenzte Slots in Museen, Einzelveranstaltungen mehrfach durchführen etc), denn die Krise wird die Event-Branche noch längere Zeit begleiten.

In der Corona-Krise haben Regionen wir das Waldviertel an Beliebtheit gewonnen: jeder wollte aus der Großstadt raus aufs Land. Weiters sind sich die Menschen der Region, in der sie leben, wieder bewußter geworden – gerade in Zeiten unterbrochener Lieferketten.

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Christoph Mayer Wolfgang Müller CC BY SA 4.0