Der heimische Arbeitsmarkt ist in Bewegung – Dr. Helmut Mahringer

Titelbild-Helmut Mahringer
Wirtschaft

Veranstaltungsdaten

Datum
2. 9. 2017
Veranstalter
Waldviertel Akademie
Ort
Rathaus Weitra
Veranstaltungsart
Vortrag
Teilnehmer
Dr. Helmut Mahringer, Ökonom, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Wien

Ein weitererer Vortrag der diesjährigen Waldviertel Akademie beschäftigte sich mit den Veränderungen am Arbeitsmarkt und den daraus entstehenden Chancen und Risiken. Mag. Dr. Helmut Mahringer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des WIFO und stellt fest, dass Arbeit neben der einkommensgenerierenden Funktion auch eine soziale und wertstiftende Komponente aufweise.

Mit Ausnahme der letzten Jahre sei zu erkennen, dass die Markteinkommen tendenziell ungleicher verteilt würden. Deshalb sei die Umverteilung durch das Steuer- und Transfersystem vonnöten und in Österreich relativ effektiv. Instabile Erwerbsverhältnisse würden nachweislich zu einem steigenden Armutsrisiko führen, wenngleich Letzteres in Österreich konstant bis leicht rückläufig sei.

Nach einer längeren Phase an Rekord-Arbeitslosenzahlen (Höchststand 2016: 9,1%) sei seit Mitte 2017 trotz des  zunehmenden Arbeitskräfteangebots eine markante Trendumkehr am Arbeitsmarkt festzustellen, die dem kräftigen und nachhaltigen Wirtschaftswachstum zuzuschreiben sei.

Industriejobs würden mittlerweile die Ausnahmen bilden: Drei von vier Jobs würden heute dem Dienstleistungsbereich angehören, und selbst hier seien die einst klar definierten Berufe (z.B. Schreibkraft) den komplexeren Tätigkeitsfeldern gewichen. Das aktuell stärkste Beschäftigungswachstum finde im Gesundheitssektor und in den technisch-naturwissenschaftlichen Berufen statt. Beschäftigungsverluste hingegen seien bei Hilfstätigkeiten und in der Anlagenbedienung im produzierenden Bereich nachweisbar.

Bei grundlegenden technischen Neuerungen wie dem Digitalen Wandel herrsche Amaras Gesetz, das besagt, dass in der Regel kurzfristige Auswirkungen überschätzt (Furcht) und langfristige Auswirkungen unterschätzt (Verdrängen/Vergessen) würden. Die Digitalisierung sei längst im Gange und führe bereits zur Verlagerung von Arbeitsinhalten zu nicht standardisierbaren Tätigkeiten, was andererseits die Ansprüche an die Qualifikation und Kompetenz der Arbeitnehmer erhöhe. Routine-Tätigkeiten würden immer mehr von Maschinen übernommen, dafür bestehe im IT-Bereich fortlaufend steigender Bedarf (Netzausbau, Betreuung etc).

Im Bereich des Arbeitskräfteangebots sei die zunehmende Erwerbsbeteiligung sowohl von Älteren als auch (nach wie vor) von Frauen am augenscheinlichsten. Hinzu komme das steigende Bildungsniveau und die stark gestiegene Migration innerhalb und außerhalb der Europäischen Union.

Trotz des Umschwungs am Arbeitsmarkt weite sich die Langzeitarbeitslosigkeit weiterhin aus. Dieser Effekt sei allerdings einfach zu erklären: Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an der Gesamtstatistik steige, wenn (aufgrund der Wirtschaftsentwicklung) weniger Leute insgesamt als arbeitslos gemeldet seien. Das Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit sei zudem bei den älteren und jüngeren Personen gleichermaßen hoch: Bei Letzteren wohl vor allem deshalb, weil die Eintrittsphasen in den Arbeitsmarkt zunehmend mit mehr Brüchen belastet seien.

Bildung schütze freilich immer noch vor Arbeitslosigkeit: Je höher der Bildungsgrad, desto geringer sei die Wahrscheinlichkeit, der Arbeitslosigkeit anheimzufallen.

Aufgrund von Migration gebe es einen „Verdrängungseffekt“; davon seien aber kaum Österreicher betroffen, sondern vielmehr die bereits länger hier ansässigen Menschen mit Migrationshintergrund. Die Arbeitslosigkeit habe beispielsweise bei in Österreich ansässigen Türken seit 2008 stark zugenommen. Diese seien in denselben Bereichen tätig gewesen wie die Neuankömmlinge.

Atypische Beschäftigungsverhältnisse würden weiterhin stark zunehmen, dabei hätten die Beschäftigten mit einer abnehmenden Zahl an durchschnittlichen Arbeitstagen innerhalb eines Arbeitsverhältnisses umzugehen. Die erzielten Einkommen seien markant niedriger als in typischen Beschäftigungsverhältnissen:

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Titelbild-Helmut Mahringer Titelbild-Helmut Mahringer Idealism Prevails CC BY-SA 4.0
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