Die Grünen – Enquête Rechtsextremismus 2017

Albert Steinhauser
Politik

Veranstaltungsdaten

Datum
21. 4. 2017
Veranstalter
Grünen Parlamentsclub
Ort
Abgeordnetensprechzimmer, Österreichisches Parlament
Veranstaltungsart
Enquete
Teilnehmer
Mag. Albert Steinhauser, NRAbg., Stv. Klubobmann des Grünen Parlamentsclubs
Karl Öllinger, Abgeordneter zum Nationalrat
Dr. Harald Walser, NRAbg., Mitglied des Landesvorstandes der Voralberger Grünen
Fanny Rasul, GRAS Wien
Patrick Gensing, Journalist, Buchautor und Blogger
Mag.a Stefanie Mayer, Alpen-Adria-Universität
Mag.a Edma Ajanovic, Institut für Politikwissenschaft, Universität Wien
MMag.a Judith Goetz, Literatur- und Politikwissenschaftlerin

Die Anzahl rechtsextremer Straftaten nimmt über die Jahre beständig zu, so Albert Steinhauser, Nationalratsabgeordneter der Grünen. Dies stehe im Zusammenhang mit dem Jahr der Flucht 2015, das rechtsextreme Gruppen über den Hebel der Sozialen Medien zu ihren Gunsten verwerten würden. Harald Walser, ebenfalls Nationalrat, zitiert die Studie des SORA-Instituts, nach der sich bereits 43% der Österreicher einen „starken Mann“ wünschen würden. Ein Grund dafür sei die ungerechte Vermögensverteilung, deren Auswirkung die Rechtsextremen auf Flüchtlinge und sozial Schwache projizieren.

Der Hamburger Journalist Patrick Gensing erzählt über die Historie des Rechtsextremismus in Deutschland, beginnend mit militanten Gruppen bis hin zu den heutigen rechtspopulistischen Parteien wie der AfD, die im Gegensatz zu früher nicht mehr geächtet würden. Am Beispiel des Anschlages auf den Bus von Borussia Dortmund schildert er, wie Propaganda mit Hilfe von Unwahrheiten gemacht und rasch über die sozialen Netzwerke verteilt würde, um Verschwörungstheorien aufzubauen oder zu bestätigen. Die Hetze in rechten Medien mit verunglimpfenden Bildern von Politikern seien Auswuchs der sich breitmachenden Akzeptanz rechten Gedankenguts. Gleichzeitig geriere man sich als Opfer faschistischer Staatsmethoden, um eigene Gewalttaten als Widerstand zu legitimieren. Um den Angriff von Rechts abzuwehren, müsse man sich für unterprivilegierte und diskriminierte Menschen und Gruppen einsetzen und für eine solidarische Gemeinschaft von Individuen eintreten – wobei die Freiheit des Individuums dem Kollektiv nicht unterworfen werden dürfe.

Die Politikwissenschafterinnen Stephanie Mayer und Edma Ajanovic stellen ihre Arbeit und ihre daraus gewonnenen Thesen zum Rechtsextremismus vor. In Österreich sei der Kontext zwischen einer offensichtlich diversen Gesellschaft und dem Aufkommen rechtsextremer Strömungen wichtig zu beachten. Sie definieren den Begriff Rassismus (im Gegensatz zu Ausländerfeindlichkeit etc.) und begründen, warum man darüber reden müsse. Über ihre empirische Forschung klären sie über Formen (zb Anti-Islamismus, Ethnopluralismus, Xeno-Rassismus) und Funktionen von Rassismen auf und bringen Beispiele dafür, wie diese medial transportiert würden.

Zum Abschluss definieren Mayer und Ajanovic mehrere politische Herausforderungen, z.B.: Man dürfe nicht auf den rechten Diskurs zur Differenzierung entlang von Kultur oder Herkunft einsteigen und sollte die grundlegenede Konkurrenz-Logik des Xeno-Rassismus in Frage stellen.

Zum Thema Antifeminismus berichtet Judith Goetz, u.a. Mitarbeiterin von stopptdierechten. Thomas Kubelik, der für sein Werk Genug gegendert einen deutschen Literaturpreis erhalten hat, kritisiere darin nicht nur die (von einer Minderheit oktroierten) sprachlichen Veränderungen, sondern den Feminismus an sich. Weihbischof Laun erkenne hinter der Gender-Theorie die Lüge des Teufels und stehe damit nicht unweit der Ansichten des aktuellen Papstes. Feminismus habe immer schon gesellschaftliche Widerstände überwinden müssen, so Goetz. Feminismus-Bashing scheine aber zum neue Volkssport zu avancieren und zu neuen Allianzen im politischen Spektrum zu führen. Das „Bedrohungsszenario“ durch den Feminismus habe enorme Mobilisierungskraft bis tief in die Mitte der Gesellschaft. Anschließend gibt Goetz einen Überblick über aktuelle feministische Feindbilder sowie damit verbundene Argumentationsmuster und zentrale Akteure dieser Strömung.

Karl Öllinger, Nationalratsabgeordneter und Betreiber der Plattform stopptdierechten (siehe oben), bezieht sich in seinen Ausführungen auf seinen Beitrag im Rechtsextremismusbericht und die dort beschriebenen Inhalte des Handbuchs freiheitlicher Politik. Die FPÖ habe den stark belasteten Begriff der Volksgemeinschaft 2011 wieder in ihr Parteiprogramm aufgenommen, doch das sei nur die Spitze des Eisberges. Viele Begriffe, in deren Zentrum das Volk stehe, würden im Handbuch stark aufgeladen und seien teilweise grotesk, wie z.B. die Anwendung des Begriffs autochthon auf das aus zahllosen Volksgruppen gewachsene österreichische Volk. Nicht-autochthone Personen sollten finanziell (Pension) und politisch (Staatsbürgerschaft zweiter Klasse) benachteiligt werden – denn, so die FPÖ, das österreichische Volk, das um sein Überleben kämpft, müsse geschützt werden. Dies widerspreche unserer Verfassung und auch den europäischen Verträgen:

Karl Öllinger-Video

Credits

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Albert Steinhauser Albert Steinhauser Idealism Prevails CC BY-SA 4.0
Karl Öllinger-Video Karl Öllinger-Video Idealism Prevails CC BY-SA 4.0