Die Kunst des richtigen Maßes – DDr. Johannes Huber

Gesellschaft

In der heutigen Ausgabe von Reiner Wein begrüßt Michael Winkler den Gynäkologen und Endokrinologen Univ. Prof. DDr. Johannes Huber zum Gespräch. Die Schulen, die er in seiner Jugend besuchte, vermittelten ihm Theodore Roosevelts Ethik des anstrengenden Lebens und dass die wichtigste Währung des Lebens die Zeit sei. Deshalb nutzt er selbige effektiv, auch manchmal zum Preis der Vernachlässigung bestimmter sozialer Kontakte.

Das Interesse an der Entstehung des Lebens hat ihn auf seinen Karriereweg als Mediziner gebracht. Als Kind war er auch an Musik und Technik interessiert, hatte dafür aber keinen prägenden Motivator in seinem Umfeld. Als großer Opernfan durfte er ein Mal eine Messe im Petersdom in Rom organisieren, an der der Papst teilnahm und deren musikalische Begleitung Herbert von Karajan dirigierte. Dabei erlebte er mit, wie anstrengend und unromantisch die Erreichung höchster musikalischer Qualität ist – ein Beispiel der Ethik des anstrengenden Lebens.

Im Unterschied zu China und anderen asiatischen Staaten wird die Work-Life-Balance im Westen immer mehr zu Gunsten der Freizeit verschoben. Den traditionellen Arbeitstugenden, die in China von Staats wegen verordnet werden, kehrt man im Westen immer mehr den Rücken. Stattdessen greifen die klassischen Todsünden, wie zB die Habgier oder die Fresssucht, immer mehr um sich. Menschen tragen die Laterne der eigenen Selfies vor sich her und interpretieren die Ereignisse des Tages unter dem Licht dieser Selfies. Geltungsdrang statt Selbstironie – kein Guter Weg, wie Huber meint. Diese Selbstbeweihräucherung inklusive Kritik an den „gesichtsloser“ sozialen Medien thematisiert er in seinem Buch Die Kunst des richtigen Maßes.

Sowohl soziale Medien als auch Meinungsjournalisten üben heute ständig Druck auf die Regierungen aus, um die jeweils vertretenen Themen – teilweise durch Tugendterror – umzusetzen. Wahlen treten dabei immer mehr in den Hintergrund – denn der Dauerdruck wird täglich ausgeübt, nicht nur alle 4 bis 6 Jahre. Der zunehmende Eingriff der Rechtsprechung in staatliche Belange sei ebenfalls ein zumindest Hinterfragens würdiger Trend.

Die Erkenntnisse der Epigenetik, die Technokratisierung der Jugenderziehung, die Chancen und Gefahren der Digitalisierung bis hin zum Wissensfeudalismus, die Äußerungen des Papstes zur Impfpflicht und die unauflösliche genetische Verbindungen zwischen Kind und Vater und Mutter  sind weitere Themen dieses Gespräches.

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Johannes Huber-YOUTUBE Wolfgang Müller CC BY SA 4.0

Diskussion (Ein Kommentar)

  1. Vielleicht sollte die christlichen Werte von der Kirche nach 2000 Jahren endlich über Tugenden und nicht über Todsünden vermittelt werden, da hier die Positive Energie frei würde die ein heutiger Mensch benötigt.. I dealismus kann nie über Drohungen funktionieren… schon gar nicht wenn die Kirche soviel Missstände in eigenen Reihen verzeichnet. Ob eine Lehre funktioniert , kann jeder erkennen wenn er die Lehrenden betrachtet … Priester, Kardinäle in Missbrauch verwickelt, diese Lehre hat sich selbst definiert als Unwert . Gier nach Macht hat sie groß gemacht, darum fällt sie jetzt … östliche Lehren sind hier viel menschlicher angesiedelt. Darum wenden sich viele Menschen dorthin. Generell würde ich aber zustimmen dass die Tugend des Fleißes durch den Wohlstand verloren scheint… Wir nehmen alles viel zu selbstverständlich das hat uns die Ukrainekrise deutlich gemacht!