Eine kleine Geschichte der Demokratie – mit Christine Stiller und Marius Krüger

Politik

Im Kamingespräch mit der Illustratorin Christine Stiller und dem Ökonomen, Demokratieaktivisten und Schriftsteller Marius Krüger, den Autoren des Buches „Eine kleine Geschichte der Demokratie“, geht es um die nach wie vor „beste aller Regierungsformen“, die aber dringend einer Weiterentwicklung bedarf. Diesem Anliegen wollen die beiden Autoren mit ihrem Demokratie-Kompendium in Text und Bild Rechnung tragen.

Die Idee dazu kam von Christine Stiller, die angeregt von einem Interview mit Marius Krüger bei „Narrative“ auf OVALmedia an das Gestalten eines „Märchenbuchs für Erwachsene“ zum Thema dachte. Auf ihre Anfrage reagierte Krüger positiv und so begann sie mit ersten Skizzen, die sie ihm schickte. Im danach einsetzenden ko-kreativen Austausch entstanden dann Seite um Seite.

Auch Marius Krüger erlebte das Entstehen des Werkes als organischen Prozess. Sein Weg vom Ökonomen zum Demokratieaktivisten entstand durch einen persönlichen Schicksalsschlag während des Studiums, der ihn darüber nachdenken ließ, „ob für seine Karriere zu arbeiten wirklich die Triebfeder seines persönlichen Glücks sein muss“. So kam er auf die Gesellschaftskritik. Ökonomie ist für ihn immer eng mit dem Gesellschaftlichen verbunden. Das vorherrschende kapitalistische Wirtschaftsprinzip aber ist dem Wesensprinzip der Demokratie entgegengesetzt. „Unsere Demokratie ist hohl“, sie folgt dem Elite-Prinzip und nicht dem ursprünglichen Egalitäts-Prinzip. Aus diesen Erkenntnissen entstand dann auch die von ihm entwickelte Democracy-App. Der öffentliche Raum aber war von anderen Themen besetzt, seine Initiative fand nicht den gewünschten Widerhall, weder in den Medien noch in der Öffentlichkeit. So entstand das Bedürfnis grundsätzlich über Demokratie zu sprechen, um die diesbezügliche „gesellschaftliche Bewusstlosigkeit zu überwinden“.

Christine Stillers Interesse an der Demokratie entstand nach und nach aus der Wahrnehmung des Sterbens des öffentlichen Debattenraums. Grundgelegt wurde dieses aber auch in ihrer Familie, die alle „keine Abnicker“ waren. Auch Romane können inspirieren, als Beispiel nennt sie Werke von Dostojewski.

Für beide ist Demokratie trotz ihrer offensichtlichen Mängel die beste aller Regierungsformen. Krüger analysiert in diesem Zusammenhang auch die Anarchie, die er für noch deutlich schwieriger zu realisieren hält, weil es dabei gar keine gesellschaftliche Übereinkunft über Moral und Recht gibt.

Christines Protagonist in ihren Illustrationen, ein Männchen, das die Menschheit repräsentiert, ist intuitiv entstanden, spannender zu illustrieren aber waren die Handlanger der demokratiefeindlichen Kräfte. Demokratiemüde Menschen aus ihrem Umfeld versucht sie aktuell mit Hilfe dieses Buches zu aktivieren, aber sie ist kein Mensch, dem es darum geht, „andere großartig zu belehren oder mit Infos platt zu machen“. Bei jedem Menschen gibt es „ein kleines Einfallstor“, das man nützen kann, um in einen kritischen Diskurs zu kommen. Für Marius Krüger ist es wichtig, den Menschen im Diskurs ihre Würde zu lassen. Er betont, dass ein Eintreten für wirkliche demokratische Grundprinzipien sich nicht durch eine antidemokratische oder gar autoritäre Haltung Andersdenkenden gegenüber ausdrücken dürfe.

Im weiteren Gespräch wird über die Problematik der repräsentativen Demokratie diskutiert.

Dass Menschen sich nicht für die Demokratie interessieren, ist für Krüger kein natürlicher Zustand. Die Medien und die Bildungseinrichtungen seien hier wesentlich, weil sie diese Form der Demokratie als der Weisheit letzter Schluss darstellen und damit den Diskurs verengen. Menschen werden aktuell darauf reduziert, im ökonomischen Konkurrenzkampf ihr Überleben zu sichern. Die wichtigste Frage ist für ihn, wer der Bestimmer ist. Derzeit sind aus seiner Sicht die Vertreter die Bestimmer, aber niemand hat sie dazu ermächtigt. Die Vertreter haben das bestimmt, dazu gab es keine verfassungsgebende Versammlung. Um das ungleiche Verhältnis zwischen Parteien, Vertretern und Bevölkerung auszugleichen, brauche es Volksabstimmungen zu allen gesetzgebenden Vorhaben. Nur auf diese Weise ist die Souveränität des Volkes gesichert.

Christine Stiller vermutet, dass das mangelnde Interesse an der Demokratie daher kommt, dass dem Menschen von Kindheit an, die kritische Sicht wie mit einem Filter abtrainiert wird. Heute sei man so weit, dass man „wenn jemand aus dem Fenster springt“, vorsorglich mitspringe.

Daraus entsteht eine Diskussion über die Rolle der Medien und des Bildungssystems als „Propagandainstrumente“. Abschließend werden noch das gute Ende des „Märchenbuchs“ über die Demokratie, der „Werkzeugkasten“ zur Weiterentwicklung dieser Regierungsform und

die „Einfallstore“ fürs Bewusstmachen in der breiten Bevölkerung angesprochen.

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KG – Eine kleine Geschichte der Demokratie-YOUTUBE-IPHP Wolfgang Müller CC BY SA 4.0