Freie Sicht: Konditionierung durch Digitalisierung – Gegenentwürfe

Gesellschaft

Der Professor für Scientific Computing Univ.-Prof. Dr. Jesper Larsson Träff stellt zu Beginn seines Vortrages fest, dass es im Zuge der Corona-Pandemie „monströse“ Veränderungen auf vielen Ebenen unserer Gesellschaft gibt, wobei er sich auf den Bereich Digitalisierung konzentriert und mehrere Gegenentwürfe zu den aktuellen Entwicklungen vorstellen will.

„Freie Sicht – freies Denken“ – was bedeutet Digitalisierung eigentlich und welche Spielarten davon wollen wir überhaupt in unsere Gesellschaft integrieren? Etwa seit 2013 wird der Begriff verwendet, der laut Träff stark ideologisch geprägt wurde und damit auch festlegt, worüber man reden darf, und worüber nicht. Auch Begriffe wie E-Commerce und Big data dienen hauptsächlich zur Ablenkung von inhaltlichen Diskussionen über die stattfindenden technischen Entwicklungen. Leider sind auch die Universitäten darauf angesprungen und bieten Lehrstühle für diese Modeworte an. Was bedeutet es, das Büro, das Geldwesen, die Medizin und die Bildung zu digitalisieren? Darüber wird in den Medien wenig geredet, vor allem wenn es um konkrete Inhalte geht. Auch wird Kritik an der Digitalisierung sofort verunglimpft oder bestenfalls ignoriert.

Die Fortschritte bei Rechnerleistung und Speicherkapazität sind die entscheidende Grundlage der Digitalisierung. Ebenso hat sich die Robotik und die Künstliche Intelligenz (=maschinelles Lernen) weiterentwickelt. Grundlegend neu ist an all diesen Faktoren aber nichts, um dafür einen eigenen Begriff kreieren zu müssen.

Die ursprüngliche Bedeutung von Digitalisierung war, dass man Information maschinengerecht aufbereitet und Maschinen diese speichern und verarbeiten. Damit wird quasi eine repräsentative Welt geschaffen, die unabhängig von Raum und Zeit besteht, so Träff. Wie qualitativ hochwertig die Abbildung der Realität ist, wird selten hinterfragt. Und da verwundert es nicht, wenn wir den Maschinen (Google, Wikipedia etc) immer mehr vertrauen und die daraus entstehenden Gefahren (zB Zensur und die damit verbundene Veränderung der Wirklichkeit) nicht erkennen.

Der Digitalisierung inhärent sind bestimmte Fixkosten, zB Energie. Platons Höhlengleichnis, dass vom Wunsch des Menschen, die Wirklichkeit wahrhaft zu erkennen, erzählt, scheint mit der Digitalisierung unvereinbar: denn diese gaukelt uns zunehmend mehr Illusionen vor (VR, Metaverse).

Wissenschaft habe sich immer der Suche nach der Wahrheit verschrieben. Heute geht es aber nicht mehr um Wahrheit, sondern es werden uns Vorschläge von Algorithmen präsentiert, wodurch die bekannten Filterblasen entstehen (können). Das liegt auch daran, dass die Datenmenge so exorbitant groß ist und ständig steigt, dass die Suche nach der Wahrheit selbst für Maschinen, die es ehrlich meinen, schwierig ist. Jedenfalls steuern wir auf eine Welt zu, in der jemand anderes darüber entscheidet, was wir sehen und was wir denken können/sollen/dürfen.

Die Entwicklungen hin zu einem „digitalen Humanismus“, Das „Updatemodell“ im Gesundheitsbereich und weitere Gegenmodelle zur Digitalisierung (zB nichts tun und abwarten, dass sich die Digitalisierung selbst abschafft; aussteigen; oder auch Maschinen stürmen – schwierig) sind weitere Themen dieses Vortrages.

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Jesper Larsson Traeff Wolfgang Müller CC BY SA 4.0