Heini Staudinger – Gutes Leben statt Reförmchen (Reiner Wein Interview)

Politik

Aus dem großen Feld an Kandidaten zur Bundespräsidentschafswahl am 9. Oktober 2022 begrüßt Moderator Michael Winkler heute den Waldviertler Unternehmer Heini Staudinger, der zu Beginn des Gesprächs seine Beweggründe anzutreten schildert.

Im Februar 2022 reifte bei der Bewegung Zukunft jetzt, bei der Heini Staudinger mitwirkt, der Gedanke, einen Kandidaten für die Wahl im Herbst aufzustellen.

Für Staudinger ist klar, dass es zu spät ist für Sonntagsreden und kleine Reförmchen: Millionen Österreicher spüren, dass wir so wie bisher nicht weitermachen können.

Der sogenannte Welterschöpfungstag war heuer weltweit schon am 28. Juli; für Österreich sogar schon am 6. April. Das heißt: wenn die ganze Welt so leben würde, wie wir Österreicher, bräuchte es die Ressourcen von 4 Erden. Hinzu kommt, dass uns dieses Leben noch nicht einmal glücklich macht: Depressionen nehmen weltweit zu. Konsumwahn kann das gute Leben nicht ersetzen. Genügsamkeit muss die Gier nach mehr endlich wieder ersetzen.

Staudinger studierte Medizin, schloss das Studium aber nach einer schicksalshaften Begegnung mit eine Freund nicht ab, sondern begann, eine eigene Firma aufzubauen, die Schuhe in Österreich herstellt. Begonnen hat er mit dem Import von Schuhen aus Dänemark, die er mit dem ersten „Crowdfunding“ über seine Freunde finanzierte.

1972 fuhr Staudinger mit einem Freund – entgegen den Wünschen seiner Mutter – per Moped nach Afrika. Die 6-monatige Reise führte sie zu einem bekannten Mediziner nach Tansania, der dort ein Spital aufgebaut hatte. Dabei lernte Staudinger, dass es im Leben nichts Wichtigeres gibt, als das Leben selbst – und dass das Leben auch ohne Terminwahn funktioniert. Diese Erkenntnis kann man allerdings nur außerhalb der westlichen Welt gewinnen – denn bei uns wird gelehrt, dass das Wichtigste im Leben das Geld ist. Die Logik der Natur und des Herzens ist nur zweitrangig. Unsere Gesellschaft belohnt oft das Falsche: Börsenspekulanten, die Agrar-Industrie, Monokulturen (deren Zerstörungskraft man aktuell auch im Waldviertel beim Thema Borkenkäferbefall sieht) uvm.

Die vielfältige Zerstörung der Umwelt müsste endlich zum großen gesellschaftlichen Thema gemacht werden – und es muss im Diskurs mit den Menschen klar erarbeitet werden, welche Schritte notwendig sind, um diese Vorgehensweise zu stoppen. Und alle – auch die Konzerne – müssen sich an getroffene Vereinbarungen halten. Das wäre eine demokratische Vorgehensweise erinnert Staudinger die politisch Verantwortlichen.

Das Postulat, dass Märkte alles regeln & man nur nicht in diese eingreifen dürfe, ist für Staudinger eine der großen Tragödien unserer Gesellschaft. Die Früchte dieser Marktregelung sind u.a. die Zerstörung des Kleingewerbes – zum Nutzen einiger Weniger, deren Dividenden sprießen. Während man die Konzerne steuerlich entlastet, wurden bei den Klein- und Mittelbetrieben die Daumenschrauben immer weiter angezogen. Die Politik steht leider viel zu oft auf Seiten der Konzerne & vergisst auf die kleinen Unternehmer macht Staudinger klar.

Dem Waldvierler Schuhproduzenten ist klar, dass der Bundespräsident nicht die Gesetze beschließt; aber dieser kann sehr wohl die Stimmung beeinflussen, der Mehrheit der Bürger eine Stimme geben & Ihnen vermitteln, dass sie selbst etwas an Ihrem Schicksal ändern können.

Die bürokratische Hürde mit 6000 Unterschriften, die jeder Bundespräsidentschaftskandidat sammeln muss, dient wohl auch dazu die Zahl der antretenden Kandidaten gering zu halten, denn jeder Unterstützer muss zu seinem Heimatgemeindeamt, wo er hauptgemeldet ist, gehen und vor Ort eine Unterschrift leisten, die vom anwesenden Beamten beglaubigt wird. Danach muss der Unterstützer die Unterstützungserklärung noch an den jeweiligen Kandidaten zumeist per Post schicken und das im Zeitalter der Digitalisierung…

Neben seinem Wahlaufruf spricht Heini Staudinger im weiteren Verlauf dieses Gespräches auch über die Auswirkungen der Globalisierung, die Abgabenbelastung von Arbeit, die Fluchtursachen von Migranten, unser Fleischkonsumverhalten, die Zerstörung des Kongo durch internationale Bergbaufirmen, Aaron Antonovksy und er zitiert in bewegender Art und Weise Brecht und Rilke.

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RW – Heini Staudinger-YOUTUBE-IPHP Wolfgang Müller CC BY SA 4.0

Diskussion (Ein Kommentar)

  1. Lieber Heini Staudinger,
    Endlich jemdand, der die Dinge beim Namen nennt und sich für die Menschheitsfamilie stark macht. Ich habe meine Unterstützungserklärung schon nach Schrems geschickt – bitte macht das auch! Alles Liebe von Anne Suttner