Wie können wir das Vertrauen in die Politik wiederherstellen?

Politik

Die 29. Ausgabe des Bürgersalons fand traditionell in den Räumlichkeiten der Diplomatischen Akademie Wien statt und stellte sich eine angesichts abnehmender Wählerzahlen und breiter Frustration über Korruption und Politikversagen höchst aktuelle Frage: wie schaffen wir es, dass die Menschen das Vertrauen in Politik und Demokratie wiedererlangen? Eröffnet wurde die Veranstaltung wie üblich durch den Gründer des Bürgersalons, Di Carl Waldstein, auf den die einleitenden Worte des Direktors der Diplomatischen Akademie, Mag. Dr. Emil Brix, folgten. Dieser zitiert den vom Sora-Institut betriebenen Demokratiemonitor, nach dessen Umfragen 89% der Österreicher meinen, dass die Politik ein Problem mit Korruption hat. Dennoch liegt die Zustimmung der Demokratie konstant bei 90%.

Die Frauen-, Integrations- und Familienministerin Dr. Susanne Raab hält fest, dass die Verfehlungen der letzten Jahre unbedingt gerichtlich aufgearbeitet werden müssen. Dennoch dürfe man nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, wie sie am Beispiel der Inseratenaffäre ausführt. In den letzten 10 Jahren habe sich das Bewusstsein, was nachvollziehbares Handeln der Politik bedeutet, zum Positiven verändert, wie sie aus eigener Erfahrung weiß. Dennoch bedarf es weiterer Transparenzoffensiven seitens der Politik, wie zB das gerade in Verhandlung stehende Medientransparenzpaket oder auch das Parteienfinanzierungsgesetz.

Wenn wir Bürger eine Effektive Bekämpfung der Korruption in der Politik wollen, dann kann dies nur durch mehr Transparenz erreicht werden, meint die Präsidentin des Beirates von Transparency International Austria, Mag. Bettina Knötzl. Dies ist sowohl wissenschaftlich als auch praktisch erwiesen. Besonders peinlich sei, dass auf Grund der Nichtumsetzung der Whistleblower-Richtlinie ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist.

Die Parteienstruktur in Österreich mache durchaus Sinn, da diese Strukturen Partizipation erst ermöglichen, so Mag. Silvia Grünberger, Managing Partner der PR-Agentur Rosam. Die Möglichkeit des einfachen Bürgers, sich an der Politik zu beteiligen hat es immer gegeben – nur die Plattformen haben sich geändert. Das Problem heute ist eher, dass die Bürger sich aus Verdrossenheit gar nicht mehr an der Politik beteiligen wollen. Die wichtigste Währung in Politik und Wirtschaft ist das Vertrauen. Im Unterschied zu Politikern werden CEOs meist 12-18 Monate vor Antreten ihres Jobs bestellt, haben also Zeit zur Vorbereitung; auch stehen sie sich nicht ständig in der Öffentlichkeit und werden von dieser auf Schritt und Tritt kritisch beäugt. Wichtig Entscheidungen müssen oft über Nacht getroffen werden. All dies führe zu einer wesentlich höheren Fehleranfälligkeit der Politik. Dies entschuldige natürlich keine Korruptionsfälle. Die ehemalige Abgeordnete plädiert für einen Kulturwandel in der Politik, um diese auch wieder für Führungskräfte aus der Wirtschaft attraktiver zu machen; denn wenn man Angst haben müsse, dass man mit einem politischen Engagement die eigene wirtschaftliche Existenz gefährdet, dann geht kein erfolgreicher Wirtschaftstreibender mehr in die Politik.

Die Chefredakteurin des Kurier Dr. Martina Salomon meint, dass es vor 40 Jahren, als wir wesentlich intransparenter waren, wesentlich mehr Korruption in der Politik gegeben hat, als heute. Medien sprechen einerseits Institutionen heilig; andererseits kriminalisieren und vorverurteilen sie die Politik pauschal. Jedes relevante Dokument, dass an den aktuell laufenden U-Ausschuss geliefert wurde, war – wie auch bei vielen laufenden Gerichtsverfahren – kurze Zeit später in den Medien. Das ist keinem Verfahren zuträglich. Wenn man Transparenz fordert, dann müsse man ebenso den Persönlichkeitsschutz hochhalten – zu dem zB das Briefgeheimnis gehört. Die Verpolitisierung der Justiz ist ebenso hinterfragenswert, wie das Kritikverbot an selbiger.

Respekt und Vertrauen sind zwei Werte, die uns abhandengekommen sind, meint Dr. Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender der Wienerberger AG. Wie für jeden anderen Menschen so gilt auch für die Politik: wenn ich nicht einhalte, was ich sage, dann habe ich ein Problem. Die Lüge dürfe nicht zum Kavaliersdelikt werden. Die Wirtschaft setzt jeden Tag gesellschaftliche Werte um. Es gäbe genügend Gesetze und Vorschriften – wir müssen die Demokratie nur leben und sie kontrollieren. Die Politik erlässt für die Unternehmen ethische Regeln und fordert Rechenschaftsberichte, hält sich aber selbst oft nicht daran bzw legt solche Berichte über das eigene Tun nicht vor.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wird darüber gesprochen, welche Verhaltensweisen sich die Menschen von Politikern erwarten, welche konkreten Vorschläge die Diskutanten haben, um Vertrauen in die Politik wiederherzustellen, was die Bürger tun können, um Mitsprache und Transparenz einzufordern und an welchen internationalen Beispielen wir uns orientieren könnten (norwegischer Staatsfonds). Zum Ende wird auch noch auf Publikumsfragen eingegangen.

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