Wie wir unfrei werden – Der Weg zur totalitären Gesellschaft

Gesellschaft

Am 4. Mai präsentierte die Buchhandlung Thalia das neue Buch der Historikerin und Journalistin Dr. Gudula Walterskirchen: Wie wir unfrei werden beschreibt die grundlegende, weltweite Veränderung der letzten Jahre, die mit dem Auftreten diverser Krisen nur ungenügend erklärbar ist. Nach dem Fall des eisernen Vorhangs dachte man, dass sich die Welt nun global der Freiheit und dem Frieden zuwenden würde. Die Generationen nach dem 2. Weltkrieg nahmen Freiheit bisher als gegeben an; doch viele spüren nun, dass diese immer weiter eingeschränkt wird – nicht nur in fernen Ländern, sondern auch bei uns.

Begonnen hat Walterskirchen ihre Recherche mit der Frage, warum unsere Gesellschaft immer verwirrter wird: alte Grundwerte und Erkenntnisse wurden immer stärker hinterfragt und teilweise auch aufgelöst (zB die Anzahl der Geschlechter), alles wurde verhandelbar – und schafft damit viele neue Unsicherheiten.

Die Geschichte lehrt uns, dass es gewisse Muster gibt, die anzeigen, dass eine freie Gesellschaft Gefahr läuft, totalitär zu werden. Wenn Menschen Angst haben, sind sie quasi über Nacht bereit, lang erkämpfte oder ausverhandelte Prinzipien, wie zB Freiheits- und Grundrechte, aufzugeben. Dieses Kontrollmittel wurde vor allem in den letzten Jahren immer stärker von Regierenden genutzt, um die Masse zu beeinflussen: sowohl die Angst vor Krankheit und Tod, als auch die Angst vor Krieg werden uns allen gegenwärtig rund um die Uhr bewusst gemacht. Jene Institutionen oder Personen, die Ängste schüren, haben zumeist auch die (meist alternativlose) Lösung parat und bieten diese zum Preis der Abtretung der individuellen Verantwortung (und somit auch der eigenen Freiheit) an die jeweilige Institution/Person an.

Neben der Angst ist die Propaganda ein beliebtes Mittel, mit dem man Menschen zur Aufgabe eigener Überzeugungen führen kann. Die techniken sind alt und simpel und wirkten bei Platon genau so wie heute: er postulierte schon damals, dass der Staat das Recht hat, seine Bürger zu belügen, wenn es darum geht, gemeinsame höhere Ideale zu erreichen.

Im Gegensatz zur Auktokratie will ein totalitäres Herrschaftssystem den Menschen als Ganzes beherrschen, bis in seine Gedanken hinein. Allumfassende Propaganda ist dabei das effektivste Mittel, um die Menschen zu indoktrinieren. Wie Massen funktionieren – und eben auch manipuliert werden können – hat schon Gustave Le Bon Anfang des 20. Jahrhunderts dargelegt. Adolf Hitler hat das Buch in der Zeit seiner Gefangenschaft gelesen und dann quasi Wort für Wort umgesetzt und verfeinert.

Im weiteren Verlauf des Gespräches führt Walterskirchen die unterschiedlichen Arten der Bedrohung von Freiheit aus: Krieg und Unterdrückung, aber auch das Perfektionsstreben des Transhumanismus, der sich vor allem im Silicon Valley großer Beliebtheit erfreut. Auch die Bedrohung von Innen muss man endlich wahrnehmen: zB werden Menschen ob ihrer Meinung diskriminiert oder aus dem Diskussionsprozess ausgesperrt, damit man sich nicht mehr mit ihnen auseinandersetzen muss. Bedenklich ist dieser Trend vor allem, weil er zuerst in der Wissenschaft auftrat. Der Grundsatz, dass man aus der Auseinandersetzung von Argumenten neue Erkenntnisse gewinnt, wird immer mehr durch ideologische, unumstößliche Wahrheiten ersetzt. Dass man dafür autoritären Führern den perfekten Boden bereitet, wird völlig ignoriert.

Deshalb ist es wichtig, dass in einer Demokratie die Bürger kritisch Denken und rechtzeitig gegensteuern, wenn die Herrschenden oder die Eliten eine falsche Richtung einschlagen. Die geschürte Angst muß man überwinden, damit der Souverän wieder das Sagen hat.

Credits

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Gudula Walterskirchen – Buchpräsentation Wolfgang Müller CC BY SA 4.0