Chats, Macht und Korruption, eine Spurensuche (BSA)

Politik

In dieser Online-Veranstaltung des BSA-Döbling vom 4. Juli 2022 werden unter der Leitung von Matthias Vavra die über die zahlreichen Chats bekannt gewordenen Korruptionsvorwürfe unter die Lupen genommen.

Das neue Buch von Kabarettist und Schauspieler Florian Scheuba, das namensgebend für diese Veranstaltung ist, „vermutet“, dass hinter all den aufgetauchten Umfragen und Studien (zB zum Thema „Welches Tier ist der Bundeskanzler“), die von der ÖVP beauftragt wurden, die Strategie steckt, das die türkise ÖVP seit dem letzten Regierungsantritt eigentlich eine einzige, umfassende Studie durchführt – und jetzt der Beweis erbracht ist, dass es die Österreicher sehr wohl interessiert, wenn sich Politiker korrupt verhalten. In Österreich wird von korrupten Politikern oft darauf hingewiesen, dass auch der politische Gegner korrupt sei („Sie sind ja alle gleich“). Neben dem Aufdeckerjournalismus spielt der Zudeckerjournalismus, der den Spin der Regierenden ungefragt übernimmt, leider eine immer bedeutendere Rolle.

Der Philosoph und Autor des Buches Macht der Korruption, Univ.-Prof. Dr. Heiner Hastedt, stellt fest, dass die Korruptionsversuche rund um Sebastian Kurz und die ÖVP nicht dem Politiker privat, sondern vor allem der Partei Vorteile verschaffen sollten. Definitionen für Korruption gibt es viele – und sie werden in unterschiedlichen Ländern und Kulturen auch sehr unterschiedlich wahrgenommen; Machtmissbrauch und die Generierung partikularer Vorteile gehören aber überall zum Phänomen Korruption. Ein starkes Korruptionsmerkmal ist, dass „Familien“ in ihre eigenen Mitglieder all ihr Vertrauen setzen, da sie gegenüber der Allgemeinheit ein zunehmendes Misstrauen hegen und des deshalb auch legitim angesehen wird, „die Anderen“ auszubeuten.

Um im Korruptionsranking binnen kürzester Zeit um 14 Plätze abzurutschen, bedarf es schon einiger „Anstrengung“ seitens der Politik, meint der Medienhistoriker Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell, Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich. Es wird im Ende des Tages auf die Zivilgesellschaft und die Gerichtsbarkeit ankommen, um Korruption in ihre Schranken zu weisen und eine Bundesregierung wie diese abzuwählen. Die Ausweitung der Inserate habe leider auch manche Medien verführt, die dann zB Sebastian Kurz als neuen Star der Politszene gefeiert haben, bis er schließlich durch die Korruptionsvorwürfe politisch abstürzte – ein Phänomen, das in Österreich immer wieder zu beobachten war.

Mag. Ursula Bittner von der Initiative Saubere Hände – Stoppt Korruption weist auf das Antikorruptionsvolksbegehren und dessen 72 Forderungen hin, die ehrenamtlich von Juristinnen ausgearbeitet wurden und als Guidelines für Gesetze und Regelung dienen sollten. Die Zivilgesellschaft und die Medien müssen immer wieder der Anziehung der Korruption dahingehend entgegenwirken, dass sie Transparenz fordern und Machtinhaber kontrollieren. Das Korruptionsstrafrecht, welches mit 2.1.2022 angekündigt wurde, wurde mittlerweile auf das Jahresende verschoben. Scheinbar herrscht die Meinung unter Politikern vor, dass die Menschen kein besonderes Interesse an sauberer Politik hegen und die mediale Übersättigung ihres dazu beiträgt, dass Menschen vergessen.

Die gelebte Korruption im Alltag (jemand kennt jemanden …), der Machtmensch Sebastian Kurz, die überschaubare Größe der österreichischen Medienlandschaft, die oftmals fehlende Differenzierung in der Beschreibung unterschiedlicher Politiker und Parteien und mögliche Lösungen akuter Korruptionsprobleme sind weitere Themen dieser Veranstaltung.

Credits

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BSA – Chats, Macht und Korruption-YOUTUBE Wolfgang Müller CC BY SA 4.0