Die Welt neu denken lernen – Werner Wintersteiner

Gesellschaft

In dieser Ausgabe von Reiner Wein, dem politischen Podcast aus Wien, vom 23.2.2022 begrüßt Gunther Sosna den Friedensforscher Prof. Werner Wintersteiner, dessen neues Buch Die Welt neu denken lernen im Mittelpunkt dieses Gespräches steht.

Der ehemalige Leiter des Zentrums für Friedensforschung und Friedensbildung an die Alpen-Adria-Universität Klagenfurt hofft, dass wir aus der aktuellen Situation mit ihren vielen Bedrohungen künftig lernen können: es muss uns bewusst werden, dass wir nur diese eine Erde haben und gemeinsam darauf leben.

Ob die Gewalt zwischen Menschen und Nationen tatsächlich über die Jahrhunderte abnimmt, ist eine in der Forschung umstrittene Frage. Manche meinen, dass sich Gewalt heute anders ausdrückt und raffinierter agiert, als früher. Die Erkenntnisse der Friedensforschung haben sMn dazu geführt, dass gewaltfreies Handeln bzw die Vermeidung von Gewalt auf allen Ebenen Einzug in die Gesellschaft gefunden hat. Als Beispiele führt er die gewaltfreie Entmachtung Slobodan Milosevics in Serbien und den Wandel im arabischen Frühling in Ägypten an. Auch sei der Begriff Human Security, der vor allem in UNO-Programmen Anwendung findet, ein Anzeichen für diesen Wandel.

Andererseits sieht man anhand der Ukrainekrise, dass die Lehren aus dem Kalten Krieg – Abrüstung, kollektive Sicherheit – verloren gegangen sind und Gewalt zwischen Nationen wieder wahrscheinlicher wird.

Menschen in Machtpositionen unterliegen häufig einer Verengung ihres Horizonts und ihres Denkens, wie Barbara Tuchmann schon 1984 im Buch Die Torheit der Regierenden anhand zahlreicher historischer Beispiele aufgezeigt hat. Beispielsweise habe US Präsident Eisenhower seine Ideen zum Militärisch-Industriellen Komplex erst erarbeitet, als er nicht mehr Präsident war.

Der moderne Kapitalismus mit seinem Imperativ der Profitmaximierung prägt die Politik der meisten Staaten dieser Welt. Darüber hinaus haben aber auch weitere Paradigmen großen Einfluss auf unser Leben, zB die Ausbeutung der Natur durch den Menschen, die schon in der Bibel als legitim definiert wurde, aber auch die Ausbeutung der Rohstoffe. Beides sei älter als der Kapitalismus und würde mit Beendigung desselben nicht einfach verschwinden. Um diese Fehlentwicklungen abzustellen, müssen wir die Welt neu denken, so Wintersteiner. Der Mensch muss sich bewusstwerden, dass er nur einen geringen Teil der Biomasse der Erde ausmacht – und dass die Verdrängung der Wildtiere aus ihren Lebensbereichen zu Erscheinungen wie dem Corona-Virus führen kann.

Es sei zwar richtig, dass man bestimmte Bereiche des Klimawandels und der Umweltzerstörung über technologische Entwicklungen (Verkehrswende etc) lösen könne – dies wird jedoch nicht ausreichen: wir alle werden auch unseren Lebensstil verändern müssen, wenn wir auf diesen Planeten überleben wollen.

Der notwendige Umbau der Wirtschaft und wie dieser aussehen könnte (Bolivien), die Wichtigkeit von Fridays For Future und anderen Umweltkampagnen, wie man Menschen ohne große Belastung fürs Klima aus absoluter Armut führen kann und warum Gewalt laut Wintersteiner immer der falsche Weg ist, um Ziele zu erreichen, sind weitere Themen dieses Gesprächs.

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Werner Wintersteiner Wolfgang Müller CC BY SA 4.0