E-Mobilität und grüne Energie in der Sackgasse?

Politik

Zum 30. Jubiläum nahm sich der Wiener Bürgersalon wieder eines sehr umstrittenen und emotionalisierenden Themas an: der E-Mobilität und der damit zusammenhängenden Ressourcen-Abhängigkeit von China und anderen zweifelhaften Regimen.

Nach einleitenden Worten von DI Carl Waldstein und Mag. Dr. Emil Brix, dem Direktor der Diplomatischen Akademie, der anmerkt, dass die Europäische Union die Entwicklungen rund um Digitalisierung und Energiegewinnung der Zukunft leider etwas verschlafen hat, übergibt Moderatorin Martina Bachler das Wort an Professor Dr. Carlo Burkhardt, der in seinem Vortrag die dramatisch steigende Abhängigkeit Europas von China am Beispiels der Selten-Erd-Magnete beschreibt. Der Großteil dieser Magnete wird in Windturbinen und in Elektromotoren für E-Autos verbaut. Das Problem bei den seltenen Erden ist nicht, dass sie selten vorkommen, sondern dass sie schwierig abzubauen sind, wie Burkhardt im Folgenden beschreibt. Chinas Führung hat früh erkannt, dass dieser Rohstoffe für den technologischen Fortschritt entscheidend sein wird: heute stammen 93% der Weltproduktion aus China; das Reich der Mitte ist bislang auch das einzige Land, das eine geschlossene Wertstromkette in diesem Bereich aufbauen konnte. Der Bedarf an seltenen Erden alleine für die E-Mobilität wird sich in den kommenden Jahren vervielfachen.

Der Direktor des ÖAMTC, DI Oliver Schmerold, kritisiert, dass die Klimaziele der Europäischen Union vor allem über die Mobilitätswende erreicht werden sollen. Dazu bedarf es eines durchschnittlichen Wachstums an E-Autos von 35 Prozent pro Jahr bis 2050 – ein Wachstum, das bei den gegebenen Abhängigkeiten und Lieferproblemen kaum zu erreichen ist. Es fehle sowohl an der Ladeinfrastruktur als auch an der Verfügbarkeit von Erneuerbaren Energien. Auch sei die Klimaneutralität durch E-Mobilität eine Scheinneutralität, denn angesichts der enormen Mengen, die auch von anderen Branchen benötigt werden, werden Erneuerbare Energien auf absehbare Zeit nicht ausreichen. Schmerold hofft deshalb, dass das Verbot von Verbrennungsmotoren um einige Jahre verschoben wird.

Laut einer Studie der EU mangelt es Europa an grundlegenden Rohstoffen, um die Energiewende so umzusetzen wie aktuell geplant, meint Robert Kleedorfer, stellvertretender Leiter des Wirtschaftsressorts bei der Tageszeitung Kurier. Ein Selbsttest mit einem E-Auto hat ihn von der bisherigen Leistungsfähigkeit dieser Technologie nicht überzeugt. Ebenso fehle es überall an der Lade-Infrastruktur. Deshalb könne man nicht schon jetzt mit Verboten drohen, wenn die gewollte Alternative noch nicht ausgereift ist.

Der Aufsichtsratsvorsitzende von AT&S, Dr. Hannes Androsch, eröffnet sein Statement mit einem Plädoyer für Freihandelszonen, da diese gerade für eine Export- wie Importnation wie Österreich entscheidende Vorteile bieten. Die rasante Entwicklung Chinas hat er aus eigener Beobachtung miterlebt, ebenso die Lieferkettenprobleme der letzten Jahre. Europa sei nicht nur von Rohstoffen und Energie, sondern mittlerweile auch von Technologietransfers aus dem Ausland abhängig. Es ist unbestritten, dass der Mensch etwas gegen die Klimaerwärmung tun muss. Bisher wurde die Energiewende allerdings nur angekündigt, aber kaum umgesetzt. Österreich hat zB den doppelten CO2-Ausstoß pro Kopf, wie die Schweiz. Deutschland und Österreich seien besonders „gut“ daran, Veränderungen zu verhindern und alte Technologien auszumustern, bevor neue in ausreichender Menge vorhanden sind. Technologieoffenheit wäre gefragt.

Laut einer Umfrage würden 95% der Elektroautofahrer nie mehr auf Verbrennungsmotoren umsteigen, meint Dkfm. Peter Püspök, ehemaliger Präsident des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich. Österreich ist bei den Neuen Erneuerbaren Energien (Wind, Solar) leider lange auf der Bremse gestanden, im Gegensatz zu Deutschland. Neben dem unbestreitbar notwendigen Kampf gegen den Klimawandel hat uns der Ukrainekrieg gezeigt, dass Energieabhängigkeit als Waffe eingesetzt werden kann. Da die Neuen Erneuerbaren mittlerweile die billigste Energiequelle sind, werden sie sich allein deshalb schon bald durchsetzen.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wird die Abhängigkeit von China – aber auch die Abhängigkeiten Chinas vom Rest der Welt – ebenso im Detail besprochen, wie der nicht gewollte Abbau von Rohstoffvorkommen in Europa, Energieabhängigkeiten von Russland und anderen, China als entscheidender Leitmarkt für alle Autohersteller und viele weitere Themen.

Aus Anlass der 30. Ausgabe des Bürgersalons und des 75. Geburtstags seines Gründers Carl Waldstein hielten sein Sohn Ferdinand und sein Bruder Georg eine Laudatio, gefolgt von einem Klavierkonzert der Pianistin und Hochschulprofessorin Marialena Fernandes, die Beethovens Waldstein-Sonate und ein Geburtstagspotpourri zum Besten gab.

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