Futurenomics (BSA)

Wirtschaft

In dieser Online-Diskussionsrunde des BSA geht es um die Frage, welche Veränderungen es braucht, um Europa aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht für die Zukunft krisenfest(er) aufzustellen und die Probleme, die zB während der Coronakrise aufgetreten sind, künftig zu verhindern. Namensgebend für diese Veranstaltung ist das Buch Futurenomics, welches heuer vom Wirtschaftsforum der SPD herausgegeben wurde.

Einer der Co-Autoren des Buches, der Soziologe und Politologe Dr. Gerhard Bosch, beleuchtete in seinem Beitrag die sozialen Aspekte der bevorstehenden Transformation, insbesondere die Arbeitspolitik. Um die Dekarbonisierung bis 2050 zu erreichen, bedarf es gewaltiger Veränderungen und Anpassungen in allen Gesellschafts- und Lebensbereichen. Was die Arbeitsplätze betrifft ist Bosch optimistisch: denn die Transformation bietet ein riesiges Beschäftigungsfeld, in welchem viele neue Jobs entstehen werden. Dies bedeutet für viele Menschen allerdings auch, dass sie sich auf komplett neue Arbeitsbereiche vorbereiten bzw einlassen müssen. Wie man diese Mobilitätsprozesse sinnvoll steuert ist eine der Hauptfragen, zu denen Bosch forscht und auf die er im Folgenden näher eingeht.

Die notwendigen Reformen der europäischen Fiskalregeln bilden den Schwerpunkt des Beitrages des Ökonomen Dr. Achim Truger. Wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge dürfen in Europa nicht mehr national gedacht werden; denn während der Coronakrise hat man gesehen, wie stark verflochten die nationalen Ökonomien miteinander sind und wie schnell eine Unterbrechung der Lieferketten in allen Ländern zu Problemen geführt hat. Nach der Finanzkrise 2008/9 gab es zwischen den Staaten keine Solidarität, im Gegenteil: jeder versuchte, seine (wirtschaftliche) Haut zu retten – mit entsprechenden Folgen für die Bevölkerung. Daraus hat Europa gelernt und nach der Coronakrise solidarische Maßnahmen beschlossen, um die Auswirkungen abzufedern. Die bekannteste Fiskalregel, der Maastrichtvertrag, wurde bis Ende 2023 ausgesetzt, um so den Ländern eine höhere Verschuldung zu ermöglichen. 2024 soll eine reformierte Version dieses Vertragswerkes in Kraft treten – wie diese allerdings aussehen soll, ist unter den Ländern noch höchst umstritten.

Der Beitrag des Soziologen Dr. Klaus Dörre im Buch Futurenomics beschäftigt sich mit dem Zusammenhalt der demokratischen Gesellschaft während der Transformation. Da sich die Welt angesichts des Klimawandels in einer historisch einmaligen Situation befindet, reicht eine ökologische Aufklärung, wie sie die letzten Jahrzehnte betrieben wurde, nicht mehr aus. Laut einer Studie von Lucas Chancel ist zwar der CO2-Ausstoß in den Industrieländern seit 1990 um etwa 25% gefallen; diese Leistung wurde aber ausschließlich von den unteren 50% der Einkommensschichten erbracht, während das oberste Prozent um 26% mehr klimaschädliche Gase ausstößt. Wenn man Gesetze verabschiedet, die die Komponente der sozialen Gerechtigkeit außer acht lassen, dann wird jeder Versuch zur Bekämpfung des Klimawandels scheitern, wie Dörre in diversen Beispielen aus der deutschen Autoindustrie erlebt hat. Ziel einer in seinen Augen alternativlosen, radikalen Veränderung muss sein, lang haltbare Güter zu einem erschwinglichen Preis zu produzieren – dann kann man die Menschen mitnehmen. Dazu müsse radikal umverteilt (bei Vermögen) und radikal demokratisiert (in den Führungsschichten der Unternehmen) werden.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs replizieren die Diskutanten auf ihre Kollegen, führen ihre Analysen zur Ist-Situation weiter aus und gehen schließlich auf mögliche Transformationsschritte hin zu einer sozial-ökologischen Gesellschaft ein.

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