Mein erstes Hilfsprojekt

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Meinung

Die Hilfspakete standen für den Versand bereit, auch das Ziel stand fest. Das einzige Problem war, wie wir die Waren zu den Verteilungsstellen transportieren sollten, die ziemlich weit vom Chaurjahari Valley entfernt lagen.

(aus: Ein zarter Versuch)

Der Plan für die Verteilung der Pakete war längst fertig, doch war der eigentliche Transport zum Verteilungspunkt noch immer eine ungelöste Herausforderung.

Die Monsunsaison war auf ihrem Höhepunkt, das Wetter völlig unberechenbar, der Wasserstand der Bäche und Flüsse stieg ständig weiter an. Meine Gedanken konzentrierten sich darauf, wie ich die Hygienesets zu einem Ort schicken könnte, der zwei Tagesreisen entfernt lag. Es war so herausfordernd und risikoreich für mich, dass ich darüber nachdachte, das Vorhaben abzubrechen.

Doch dann dachte ich: „Besser jetzt als nie.“ Ich musste es machen, um jeden Preis; ich musste es machen für die Menschen, die diese Sets dringend brauchten. Ich kam zu der Ansicht, dass Herausforderungen das Leben erst spannend machen. Wir wären nicht in der Lage, unsere Erfolge zu genießen, wenn es keine Herausforderungen im Leben gäbe, und ich glaube, dass nur diejenigen wirklich mutig sind, die sich schwierige Aufgaben vornehmen. Denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! Mit diesen Gedanken in meinem Kopf arbeitete ich an einem Plan, um die Hilfspakete zu verschicken.

Zuerst musste ich nach drei zuverlässigen Trägern suchen, die die Pakete transportieren sollten. Ich traf mich mit einigen Trägern, aber sie waren nicht darauf vorbereitet, eine so große Entfernung zurückzulegen. Es war nicht leicht, sie davon zu überzeugen, sich auf eine zweitägige Reise zu begeben, aber schließlich erklärten sie sich einverstanden. Doch sie verlangten mehr Geld: Für jeden Träger 2.000 Nepalesische Rupien pro Tag, das sind etwas mehr als 16 Euro. Ich sagte ihnen, dass das zu viel sei, und schließlich einigten wir uns auf 1.500 Rupien pro Tag, rund 12 Euro. Sie brauchten zwei Tage, um die Pakete in den Bezirk Sakla der Gemeinde Bareakot zu bringen. Nach ihrer Ankunft lieferten sie sie bei meinem Onkel Gobinda Singh ab, der sie sicher verwahrte.

Danach rief ich meinen Onkel auf seinem Handy an und erzählte ihm von meinem Plan, wie die Sets an die Zielpersonen verteilt werden sollten. Ich bat ihn, einen Termin festzulegen und ein kleines Interaktionsprogramm zu organisieren: Er solle alle wichtigen Leute des Bezirks schriftlich einladen und ihnen das Programm im Detail erklären. Ich schlug vor, er solle ein paar Snacks und Getränke für alle Beteiligten organisieren, und erklärte ihm, dass die Zielgruppe für die Hygienesets Mädchen im Teenageralter aus den ärmsten Familien seien.

Meine Idee war, dass er von fünf verschiedenen Schulen jeweils drei Mädchen, die gerade ihre Menstruation hatten, einladen und ihnen die Sets übergeben solle. Ich sagte ihm, dass er ihnen die tägliche Benutzung dieser Sets erklären müsse, denn die darin enthaltenen Monatsbinden waren mehrfach verwendbar. Weiterhin bat ich ihn, jeweils einen der Wasserfilter an jede der fünf Schulen, von denen die Mädchen kamen, weiterzureichen.

Am 15. Juni schließlich wurden die Hygienesets vom Bezirksvorsteher, Man Bahadur Singh, an die fünfzehn Mädchen der fünf verschiedenen Schulen übergeben, und ihre Schulen erhielten die Wasserfilter.

Die Lehrer, die gekommen waren, um die Filter in Empfang zu nehmen, wurden darum gebeten, sie in der Schule zu belassen, so dass die Schüler sie dort benutzen konnten, um sauberes Trinkwasser herzustellen. Dabei wurde den Lehrern auch gezeigt, wie man die Filter installiert, und sie wurden darüber informiert, dass die Filterkerzen einmal pro Woche gereinigt werden müssen.

Am Interaktionsprogramm nahmen verschiedenste Personen teil, so etwa der Bezirksvorsteher, Repräsentanten politischer Parteien, die Vorsitzende einer Müttergruppe sowie freiwillige Gesundheitsbotschafterinnen, die Female Community Health Volunteers (F.C.H.V’s). Mein Onkel teilte mir mit, dass die Mädchen sehr glücklich gewesen seien, die Sets in Empfang nehmen zu können, und die Lehrer hatten gesagt, es sei das erste Mal, dass ihre Schule Wasserfilter erhalten habe.

Auch der Bezirksvorsteher war sehr zufrieden mit unserer Arbeit und bat uns, Unterstützung dieser Art weiterhin anzubieten, insbesondere in so abgelegenen Gegenden. Schließlich wurden die Sets in einer sehr freudigen Atmosphäre verteilt. Das Programm war damit erfolgreich abgeschlossen, was mir ein Gefühl tiefer Befriedigung gab.

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Ihr werdet nun vielleicht fragen, warum ich über ein so geringfügiges Projekt geschrieben habe, während andere Menschen in der ganzen Welt viel großartigere Arbeiten leisten, die jenseits unserer Vorstellungen und Erwartungen liegen. Ich weiß, dass unsere Arbeit im Vergleich dazu unbedeutend ist.

Doch was ich zu vermitteln versuche ist, dass es nicht darum geht, wie groß oder wie klein unser Beitrag ist – wichtig ist unser Wille, überhaupt etwas zu unternehmen. Es geht darum, wie groß der Wille der Menschen ist, etwas für die Armen und Hilflosen zu tun.

Es geht um das innere Verlangen, das aus jedem einzelnen Herzen kommen muss. Wenn jeder wahrhaftig helfen will, dann bin ich sicher, dass die Welt eines Tages ein besserer und glücklicherer Ort sein könnte! Niemand kann auf einmal groß werden, jeder muss die Leiter Sprosse für Sprosse emporsteigen, um das obere Stockwerk zu erreichen. Ich glaube, dass all diese großartigen Menschen und Organisationen ihre eigenen Geschichten haben von kleinen und unbedeutenden Werken. Wunder geschehen nur im Zirkus oder in Erzählungen, in der Realität müssen wir hart arbeiten, um große Werke zu vollbringen.

In anderen Worten: Eine kleine Tat kann der Beginn von etwas Großem sein, wir sollten stets versuchen, uns selbst weiterzuentwickeln und zu wachsen. Träume werden durch die Bemühungen Einzelner wahrscheinlich nicht wahr, dafür müssen wir zusammenarbeiten. Lasst uns also anderen helfen, und lassen wir uns selbst dabei helfen!

Übersetzung Englisch-Deutsch: Martin Krake

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