Im Gespräch mit Dr. Pamela Rendi-Wagner (BSA)

Politik

Das Gespräch fand am 21. April 2023 – also kurz vor der SPÖ-Mitgliederbefragung – statt, zu einer Zeit also, in der Dr. Pamela Rendi-Wagner noch Bundesparteivorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Österreichs war.

Zu Beginn erörtert Rendi-Wagner im wahrscheinlich besten Interview ihrer gesamten politischen Karriere ihre persönliche Situation: Sie fühle sich aktuell wohler als in den vergangenen viereinhalb Jahren. Der Grund dafür sei, dass die „Heckenschüsse“ aus dieser Zeit nun Vergangenheit sind und alles offen am Tisch liege. Sie sei jedenfalls mehr denn je motiviert, weiterzumachen. Von ihrer Mutter habe sie gelernt, anständig und ehrlich zu sein und wie wichtig das Zusammenhalten sei. Die Chancen, die sie bekommen habe, habe sie aber durch die politischen Rahmenbedingungen in den 70er- und 80er-Jahren erhalten. Durch die sozialdemokratische Politik war es möglich, in einer Wiener Gemeindebauwohnung zu leben, ihre Mutter habe im städtischen Kindergarten arbeiten können, in dem auch sie ganztägig betreut wurde, es gab eine gute öffentliche Schulausbildung und danach das Studium der Medizin zu absolvieren. Diese Perspektiven, nämlich ein selbstbestimmtes, gutes Leben zu führen, das Chancen eröffnet sowie die, die es nicht so gut schaffen, mitzunehmen und ihnen Sicherheit zu geben, sei auch heute noch ganz wichtig. Es brauche also mehr denn je eine starke Sozialdemokratie, um weiterhin diese Rahmenbedingungen zu schaffen und mit denen, die es nicht so gut haben, solidarisch zu sein.

Als für sie wichtigste Themen bezeichnet die SPÖ-Vorsitzende etwa die Inflationsbekämpfung durch Mietpreisgrenze, Gas- und Strompreisdeckel, das Außerkraftsetzen des Merit-Order-Systems, idealerweise auf europäischer Ebene, eine Mehrwertsteuerbefreiung bei Lebensmitteln, sowie zusätzliche soziale Maßnahmen in diesem Bereich. Weiters seien Initiativen im Pflege- und Gesundheitssystem zur Verhinderung des drohenden Kollaps der Spitäler und des akut drohenden Mangels bei Ärzten und Pflegepersonal notwendig. Sie habe mit dem damaligen Gesundheitsminister Stöger Maßnahmen dafür vorbereitet, die in den letzten sechs Jahren von der jeweils amtierenden Regierung nicht aufgegriffen wurden.

Zur Verbesserung der Bildung und der Bildungschancen gelte es die ganztägige Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr zu ermöglichen. Das sei wichtig für Integration und für die Gleichstellung der Frauen. Für sie ist es nicht nachvollziehbar, wie man auf das Vollzeitpotential der Frauen verzichten könne. Zudem habe das letzte verpflichtende Kindergartenjahr auch einen positiven Einfluss auf die Gesundheit der Kinder gehabt. Neben der Energiewende, die nicht nur ökologisch sondern auch sozial von Bedeutung sei, ist ihr eine echte Verteilungsgerechtigkeit wichtig. Die momentane Budgetpolitik bezeichnet sie als unmöglich.

Für sie sei klar, dass die Sozialdemokratie nach der nächsten Wahl jedenfalls wieder Regierungsverantwortung übernehmen müsse. Eine rote Linie zieht sie zur FPÖ, eine Koaltion mit den Freiheitlichen sei für sie definitiv nicht vorstellbar. Alle anderen Möglichkeiten möchte sie nicht ausschließen.

Im Hinblick auf die nächste Nationalratswahl möchte sie die Partei breiter aufstellen. Das könne aber esrt nach dem Mitgliederentscheid bzw. dem Sonder-Parteitag erfolgen. Aus der Krise muss eine Chance gemacht werden, die SPÖ steht momentan im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit, das gelte es zu nutzen. Vorstellbar ist auch eine Doppelspitze in der Bundesgeschäftsführung.

Auch die aktuelle innerparteiliche Dynamik solle genutzt werden, betont Rendi-Wagner, alle Kräfte sollen gebündelt werden. Als Beispiel nennt sie die Außenpolitik, so habe sie im Vorjahr nach mehrjähriger Vakanz wieder eine internationale Sekretärin installiert. Mit Hilfe dieser Vernetzung von Gruppen und Thinktanks innerhalb der Partei sollen halbjährlich inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden.

Nach diesen Ausführungen beantwortet Dr. Pamela Rendi-Wagner noch Fragen aus dem Publikum.

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