Künstler in der Krise – Diskussionrunde mit Düringer, Proll, Groissböck und Gross

Soziales

Im Dezember lud die Plattform RESPEKT unter der Leitung von Doris Peczar die Schauspielerin und Sängerin Nina Proll, den Kabarettisten Roland Düringer, den Opernsänger Günther Groissböck und den Musiker Emil Gross zu einer Diskussion über die Situation von Künstlern in der Coronakrise.

Dadurch, dass sie mehrere Standbeine habe, hat Nina Proll die auftrittslose Zeit finanziell gut überstanden. Perspektive sieht sie aktuell allerdings keine: dem Großteil der Bürger scheint Kunst und Kultur (noch?) nicht wichtig genug zu sein, um dafür auf die Straße zu gehen; sie haben mittlerweile auch andere Kanäle, um sich dieses Genre ins Haus zu holen. Was im Sport gilt, gilt auch für die Kunst: die „erste Liga“ schafft es, auch in dieser Krise zu überleben. Di „kleinen“ Künstler stehen aber vor dem Nichts. Die Hysterisierung der Gesellschaft durch die Politik empfindet Proll als beängstigend.

Das „Ersatzprogramm“ (Opernaufführungen und Konzerte über soziale Medien etc) war zwar anfangs ganz nett; aber jetzt, so Günther Groissböck, sei es wieder Zeit für echte Erlebnisse vor Ort. Die gut ausgearbeiteten Hygienekonzepte haben in der kurzen Öffnungsphase im Herbst gut funktioniert, bevor wieder alles dicht gemacht wurde. Große Teile der Gesellschaft sind noch immer in einer kollektiven Passivität gefangen. Als die Kultur sich nach längerem Schweigen in der Krise zu Wort meldete, waren es wieder die „üblichen Verdächtigen“ (und wenn es immer die Gleichen sind, kann man sie recht einfach diskreditieren) – ein gemeinsames Aufbegehren wäre laut Groissböck der richtige Weg. Auch das Publikum müsse Druck auf die Politik ausüben, denn nur darauf reagiert sie. Das sich viele Personen in leitenden Funktionen aus Angst um öffentliche Förderungen nicht zu Wort melden, sei eine bedenkliche Entwicklung für die gesamte Gesellschaft.

Kultur geht weit über den Theatersaal oder die Oper hinaus, meint Roland Düringer: sie beschreibt, wie wir zusammenleben, wie wir uns kleiden und Häuser einrichten und vieles mehr. Diese Kultur wird die Krise überleben. Für Kunst & Kultur als Businessmodell ist er weniger optimistisch. Ihm selbst war auf Grund seines oftmals kritischen Auftretens lange klar, dass es irgendwann so sein könnte, dass er nicht mehr auftreten kann; deshalb sei er von der Situation auch nicht überrascht. Düringer sieht in den aktuellen Entwicklungen eine Zäsur, die teilweise auch ohne Krise eingetreten wäre: Kinos werden langfristig durch Netflix ersetzt. Dazu kommt, dass sich die Formen der Promotion und die Möglichkeiten für Künstler zu Einnahmen zu kommen drastisch verändert haben.

Für Emil Gross ist die Abwechslung wichtig und auch künstlerisch sehr befruchtend: sei es in der Musik, beim Kochen/Essen oder wenn man sich in unterschiedlichen Milieus bewegt. Gerade in der Avantgarde Szene gibt es oft ein kleines Publikum, das man auch unter Corona Maßnahmen bespielen hätte könnte. Hier hätte es aber einer sehr feinen Planung bedurft. Der fehlende Austausch unter Kollegen hat Gross am meisten getroffen.

Weitere spannende Themen, die besprochen werden, sind: das Spannungsverhältnis kommerzieller Erfolg/künstlerischer Wert, das Ausbleiben des Publikums aus vielerlei Gründen und die langfristigen Auswirkungen davon, die Verantwortung der Künstler in der Krise (nach dem Versagen von Medien und Intellektuellen), die voreilige Schubladisierung von Demonstrationen, politische Inszenierung, die schweigenden Mitläufer, der Verlust von Bürgerrechten, die Verbotsgesellschaft und vieles mehr.

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Künstler in der Krise Wolfgang Müller CC BY SA 4.0