Die Ukraine im Krieg – Ist Frieden möglich?

Politik

Das Buch „Die Ukraine im Krieg – Ist Frieden möglich“, das in Kooperation zwischen dem Österreichischen Institut für Internationale Politik (OIIP) und dem International Institute for Peace (IIP) herausgegeben wurde, beinhaltet 17 Beiträge namhafter Experten aus den verschiedensten Fachgebieten (u.a. Recht, Politik, Geschichte, Militär, Wirtschaft, Friedensforschung, Journalismus, etc.) zum Ukrainekrieg.

Im Rahmen der Buchvorstellung, die von Herausgeber Univ. Prof. Dr. Heinz Gärtner moderiert wurde, kamen vier der Autoren zu Wort, um eine Kurzpräsentation ihres Beitrages vorzutragen.

In seiner Einleitung betonte Heinz Gärtner, dass sowohl das Spektrum der Ausgangspunkte als auch die vorgestellten Lösungsmöglichkeiten die gesamte Bandbreite der verschiedenen Sichtweisen auf die Ukraine abbilden. So gehen manche Autoren von der Wiederbelebung des russischen Nationalismus aus dem 10. bzw. 19. Jahrhunderts aus, andere nehmen die Gestaltung des Sowjetimperiums auf der Basis der Vereinbarungen von Jalta nach dem Zweiten Weltkrieg als Basis, wieder andere sehen die Zeit nach dem Kalten Krieg und die NATO-Erweiterung als Grund für die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine. Die Möglichkeiten zur Konfliktlösung reichen demnach von einer rein militärischen, kriegerischen Lösung auf dem Schlachtfeld bis zu notwendigen diplomatischen Bemühungen für einen Frieden am grünen Tisch.

Brigadier Philipp Eder betrachtet in seinen Ausführungen die Lage beginnend mit dem Regierungswechsel in der Ukraine im Jahr 2014, über die Annexion der Krim, den Krieg im Donbass, die Eskalation durch den Aufmarsch der russischen Truppen, dem Start des „heißen“ Krieges am 24. Februar 2022 bis zum Redaktionsschluss für das Buch im April dieses Jahres. Für ihn ist der russische Präsident Putin kein Verrückter, sondern hat eine klare Strategie, was auch das Umschwenken von einer Einnahme Kiews zu einer Truppenkonzentration im Osten der Ukraine dokumentiere. Analysiert werden in seinem Beitrag sowohl Boden- und Luft- sowie Cyberkrieg, als auch das Informationsumfeld, also die Propaganda von russischer aber auch von ukrainischer Seite.

Mag. Stephanie Fenkart vom IIP reflektiert in ihrem Beitrag das Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine in allen drei Etappen der Entwicklung des Landes, nämlich vor 2014, nach 2014 und seit Kriegsbeginn. Sie ortet zwei Hauptfehler, nämlich einerseits die fehlerhafte Außenpolitik Russlands, die sich vor allem gegen die korrupte Elite der Ukraine gerichtet hat, aber letztlich das ganze Volk umfasst hat, andererseits im Versagen von EU und NATO, die es in den Verhandlungen vor dem Kriegsausbruch verabsäumt haben, die Ukraine in diesen Prozess mit einzubeziehen und nur auf Gespräche mit Russland gesetzt haben. Zudem hätte die EU schon die Annexion der Krim als völkerrechtswidrig erkennen und bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, wie etwa
Nordstream 2, früher beenden müssen. Die Situation werde jedenfalls große Auswirkungen auf die EU haben, etwa in Fragen der Militarisierung, der Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, des Umgangs mit Energielieferungen, der NATO-Erweiterung oder einer EU-Perspektive für die Ukraine.

Carina Radler beleuchtet in ihrem Text die Türkei als zentralen politischen Akteur im aktuellen Konflikt. Die Schwarzmeer-Region sei geopolitisch äußerst wichtig und die Türkei habe mit ihrer Rolle, die ihr durch das Montreux-Abkommen (das die Durchfahrt der Meerengen für Kriegs- bzw. Handelsschiffe regelt) zugesprochen wurde, eine wichtige Aufgabe. Der türkische Präsident Erdogan versuche sich zudem als Vermittler vor allem bei der Blockade der Getreidelieferungen aus der Ukraine.

Werner Wintersteiner bringt in seinem Beitrag die friedenspolitische Perspektive ein. Er kritisiert die Diskurslosigkeit in der Betrachtung der kriegerischen Auseinandersetzungen, die der Komplexität der Materie nicht gerecht wird. Für ihn stehen die Narrative den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen und der Politiker diametral gegenüber. Narrative würden als Bedürfnisse ausgegeben, wirkliche Interessen hinter Notwendigkeiten versteckt. Ihm geht es um die Aufnahme des momentan eben vermiedenen bzw. verbotenen Diskurses mit dem Ziel, gemeinsam eine tragfähige europäische Friedenslogik zu schaffen ohne sich ständig den Interessen der USA zu beugen, die sich in wesentlichen Bereichen von denen der EU unterscheiden.

In der anschließenden Publikumsdiskussion wurden die Vorträge vertieft bzw. auf Fragen aus dem Publikum eingegangen.

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